Albtraum Hausbau

TRIER. Jahrelang gespart, Schulden aufgenommen, um endlich ein eigenes Haus bauen zu können. Doch dann geht die Firma pleite, von der man bauen lässt. Ein Albtraum.

Es sollte ihr Traumhaus werden. Endlich raus aus der Mietwohnung, rein in die eigenen vier Wände. Martin Kochems ließ sich vor zweieinhalb Jahren durch eine Wolfsburger Firma im Hochwald sein Haus bauen. 115 000 Euro, schlüsselfertig, so lautete das Angebot, Bauzeit drei Monate. "Am Anfang lief alles reibungslos. Doch irgendwann kamen die Handwerker nicht mehr bei." Der Bauträger aus Norddeutschland hatte offenbar die Rechnungen der Subunternehmer nicht mehr bezahlt. Es ging nicht mehr voran, der Bau stockte. Der Estrich war drin, doch kein Handwerker ließ sich mehr blicken. Der 46-Jährige kündigte den Vertrag mit der Wolfsburger Firma, 85 Prozent der Bausumme, knapp 100 000 Euro, hatte er bis dahin bereits gezahlt. Doch der Bau war noch nicht bezugsfertig. Kochems legte selbst Hand an und überschuldet sich. 20 000 Euro stellt er der Firma in Rechnung, doch von der ist nichts mehr zu holen - Pleite. Der Hochwälder lebt in seinem Haus, muss es aber verkaufen, weil er es sich nicht mehr leisten kann. Kein Einzelfall. Der Trierer Anwalt Marco Liell vertritt häufiger Familien, die von Bauträgern über den Tisch gezogen oder durch deren Pleite selbst in den finanziellen Ruin getrieben wurden. In den meisten Fällen läuft es ähnlich ab: Die schlüsselfertigen Einfamilienhäuser werden zu Dumpingpreisen angeboten (Liell: "Für 120 000 Euro kann keiner ein vernünftiges Haus hinstellen"), es werden billige Subunternehmer gesucht, irgendwann geht es nicht mehr weiter am Bau oder Mängel werden erkannt. Die Bauherren behalten einen Teil der vereinbarten Abschlagssumme zurück. Machen das mehrere Häuslebauer, kommen einige Bauträger anscheinend ins Trudeln. Denn, so Liell, die Finanzdecke vieler kleinerer und neuerer Unternehmen sei so dünn, dass sie keine Reserven hätten für ausbleibendes Geld. Einige Bauträger versuchten, die Kunden unter Druck zu setzen, damit sie die Rechnungen bezahlen oder sie drohten damit, den Vertrag zu kündigen. Die Bauherren würden dann mit einem halbfertigen Rohbau da stehen, für den sie meistens schon viel zu viel bezahlt hätten. Denn in vielen Fällen wären die Abschlagszahlungen viel höher als die erbrachte Leistung, so Liell. Oft stecken die Firmen das Geld auch gar nicht in den jeweiligen Bau, sondern finanzieren damit weitere Projekte. "Solange alles läuft, keine Mängel auftreten und alle zahlen, gibt es keine Probleme", sagt der Anwalt. Doch sobald es irgendwo hakt, gerät das wackelige Finanzgerüst ins Wanken und stürzt zusammen. Einziger Ausweg: Insolvenz. Für die Bauherren, bedeutet das meist, dass sie auf ihren Schäden und ihrem zu viel bezahltem Geld sitzen bleiben. Oft macht die Pleite-Firma mit neuem Geschäftsführer und unter neuem Namen weiter, bis auch diese Pleite geht. So war es in dem Fall einer ehemaligen Immobilienfirma, die irgendwann auch schlüsselfertige Häuser anbot. Die Firma ging in Insolvenz, mit neuem Geschäftsführer und anderem Namen machte sie dann im Saarland weiter - kurze Zeit später gingen auch dort die Lichter aus. Mindestens 25 Bauherren blieben auf der Strecke mit ihren halbfertigen Häusern, mit jeder Menge teuren Mängeln und zum Teil Bauruinen, die eigentlich abgerissen werden müssten. Eine gewisse Naivität kann Liell den Kunden solcher unseriösen Geschäftemachern nicht absprechen: "Man darf nicht nur auf das Geld schauen. Man sollte vorher genau die Preise und Leistungen vergleichen." Falls das einem gelingt. Denn oft sind die Verträge und Angebote so verklausuliert, dass ein Laie kaum durchblickt. "Man sollte die Verträge vor der Unterschrift durch einen Anwalt prüfen lassen. Das kann jede Menge Ärger ersparen." Ein weiterer Rat: Von der Bank des Unternehmens eine Bürgschaft geben lassen - im Falle einer Insolvenz trägt sie dann das Risiko. Doch nicht immer spielen die Banken da mit, weil sie wissen, dass die Kapital-Decke des Bauträgers viel zu dünn ist. Nicht nur Bauherren sind Opfer. Auch Handwerker machen zunehmend schlechte Erfahrungen mit Bauträgern. Für viele kleine Betriebe, die sich durch einen Großauftrag ködern lassen, kann eine solche Pleite selbst der finanzielle Ruin sein. Doch die Hoffnung, dass sie oder die Bauherren etwas von den finanzschwachen Hausbauern bekommen, ist gering. Meist ist nichts zu holen. Was brennt Ihnen auf den Nägeln? Schreiben Sie uns: thema@volksfreund.de Wir bringen es voran!

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