Alte Idee, neuer Kompromiss

BERLIN. (vet) Der Job-Gipfel zwischen Koalition und Opposition im März hat ein erstes substanzielles Ergebnis gebracht: Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und der Arbeitsmarktexperte der Union, Karl-Josef Lauman, einigten sich auf bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose.

Mehr als zwei Stunden lang hatten Clement und Laumann zusammen gesessen. Dann war die Einigung perfekt. Das neue System biete mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme, außerdem sei es transparent und unbürokratisch, verkündete der Wirtschaftsminister zufrieden. Auch Laumann zeigte sich "sehr froh". Die Regelung werde Kleinstverdienern "erheblich helfen" und die Schwarzarbeit eindämmen. Die Neuregelung soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden. Seit der Hartz-IV-Reform gilt für Empfänger von Arbeitslosengeld II ein kompliziertes Anrechnungsverfahren beim Zuverdienst. Von einem Monatslohn bis zu 400 Euro darf er nur 15 Prozent behalten. Dabei sind noch die Werbungs- und Versicherungskosten zu berücksichtigen. Zwischen 401 und 900 Euro bleiben 30 Prozent anrechnungsfrei. Ab 901 Euro bis zur Grenze von 1500 Euro sind es 15 Prozent. Künftig sollen die absetzbaren Beträge (etwa Fahrtkosten) durch einen Grundfreibetrag von 100 Euro ersetzt werden. Darüber hinaus gehende Kosten sind weiter per Einzelnachweis geltend zu machen. Für Zusatzeinkommen, die den Grundfreibetrag von 100 Euro übersteigen, kann der Betroffene 20 Prozent behalten. Die Verdienstgrenze liegt bei 800 Euro. Vom zusätzlichen Brutto-Einkommen zwischen 801 Euro und 1500 Euro bleiben einer Bedarfsgemeinschaft mit Kindern noch zehn Prozent, ohne dass sie auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden. Für kinderlose Hilfsbedürftige wird die Obergrenze auf 1200 Euro herabgesetzt. Am Ende könnten die Betroffenen in allen Einkommensbereichen mehr als bisher behalten, betonte Clement. Wer neben dem Arbeitslosengeld II noch 400 Euro aus einem Mini-Job bezieht, dem bleiben heute nur etwa 100 Euro übrig. Nach der neuen Regelung wären es 160 Euro (100 Euro Freibetrag plus 20 Prozent von 300 Euro). Mit dem vereinbarten Modell hat die Union weitgehend ihre Vorstellungen durchgesetzt. Die Pauschale von 100 Euro war bereits in einem Gesetzentwurf von CDU und CSU enthalten. Die Idee, vom darüber hinaus gehenden Verdienst 30 Prozent anrechnungsfrei zu lassen, scheiterte aber offenbar an den Kosten. Das Wirtschaftsministerium hatte mehrere Varianten durchgerechnet. Bei höheren Freibeträgen müsste der Bund auch mehr Arbeitslosengeld II bezahlen. Laut Clement kommt die Neuregelung den Bund "nicht wesentlich" teurer, weil im Gegenzug die Zuverdienstgrenze für Kinderlose abgesenkt worden sei. Von den Gewerkschaften wurde die geplante Neureglung begrüßt. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende, Ursula Engelen-Kefer, sprach von einer "tragfähigen Lösung".

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