Alte Vorsorge und neue Risiken

ZELTINGEN-RACHTIG. Wer sich jahrzehntelang im eigenen Betrieb geplagt hat, soll sich im Alter ohne Finanzsorgen zurückziehen können und das Unternehmen patent übergeben. Dazu gehört eine Strategie, die viel früher ansetzt als erst zur "Schlüssel-Übergabe": ein Beispiel eines Elektrotechnik-Betriebs.

Zum Jahreswechsel soll erstmal pillo sein. Dann will Helmut Beucher seinen 34 Jahre alten Elektrotechnik-Betrieb an seinen Sohn Axel (33) übergeben und "nur noch" die Kundenbetreuung übernehmen. Zuletzt waren beide ein Team, nun soll der Junior es selber richten.Ideale Voraussetzungen

Helmut Beucher hat seine Hausaufgaben dafür gemacht. "Der Betrieb ist der Idealfall. Es gibt ein maßgeschneidertes Übergabekonzept, das nicht nur Steueraspekte berücksichtigt, sondern auch die Vorstellungen von Helmut Beucher für das ,Leben danach‘. Außerdem ist der Betrieb seit Jahren solide geführt, die Qualifikation des Übernehmers gut", sagt Herbert Tschepe von der Handwerkskammer Trier. Er betreut Unternehmer bei der Übergabe an die Nachfolger und versucht, für das Lebensphasenmodell (der TV berichtete) zu sensibilisieren. Im Zeltinger Fall sei es ein "gesunder Betrieb, Helmut Beucher stehen alle Möglichkeiten offen". Darauf hat Senior Helmut Beucher lange hingearbeitet. "Ich würde wieder alles genauso machen", sagt er. Kann er auch. Denn schon vor zehn Jahren hat der 59-Jährige seine Lebenslage überprüft: Das Haus ist seiner Frau überschrieben, die Miete für die Geschäftsräume einbehält, eine bald fällige Lebensversicherung gibt dem Eletrotechnik-Meister Sicherheit fürs Alter. "Das Problem vieler Kollegen ist, dass sie auf ihren Belastungen sitzen und kein Auskommen für später haben", sagt Helmut Beucher. Schon früh hatte er Verantwortung in seinem Metier. Mit 22 machte er seinen Meisterbrief. Kurze Zeit später übernahm er die Leitung der Elektro-Installation in einem Trierer Industrie-Betrieb. Mit 25 führte er den Lehrbetrieb seines Ausbilders, mit 35 gründete er sein eigenes Unternehmen in Zeltingen-Rachtig. "Das war eine gute Zeit für meine Branche, denn die Mosellandschaft befand sich im Umbau: Aus vielen Bauern- und Winzerbetrieben wurden Hotels und Pensionen, die alle mit Strom und Elektrotechnik versorgt werden wollten", sagt Beucher. Der Bedarf war so groß, dass er gleich zwei Lehrlinge einstellte - und schon damals für seine Altersvorsorge sparte und die Familie absicherte. "Ich habe alle zwei Jahre Versicherungen und Anlagen geprüft", sagt er. Schon früher habe es Preisdruck und Konkurrenz gegeben, beides allerdings in geringerem Ausmaß als heute. Auch habe sich die Branche stark gewandelt. "Schuster, bleib bei deinen Leisten, war mein Motto. Für meinen Sohn wird gelten: Er muss innovativer als ich sein, ohne dabei das traditionelle Kundengeschäft aus den Augen zu verlieren. Ein harter Stand", sagt Beucher. Seit 13 Jahren ist er Obermeister der Innung für Elektro- und Gebäudesystemtechnik Wittlich und weiß, was in der Branche gefragt ist. Dennoch hat er sich in den letzten Jahren mit der neuen Elektrik in Garagentoren, DVD-Spielern, Computern und Sprechanlagen immer schwerer getan. Nicht nur damit, auch mit der Nachfolge in seinem Betrieb. So schwer, dass er anfangs seinen Laden schließen wollte. Eher eine Seltenheit für kleine Betriebe im Handwerk. Der Sohn hat zwar im elterlichen Betrieb gelernt und seinen Meister gemacht. Aber der Senior hadert vor der Übergabe noch mit seinen Gefühlen zwischen Stolz und Angst: "Ich habe mit mir gekämpft. Mein Sohn, aber auch ich müssen uns über die Folgen im Klaren sein. Als Senior bekommt man nie Feierabend. Dennoch: Mein Nachfolger muss selbst seine Erfahrungen machen."

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