Angriff auf Duales System?

Strassburg. (hw/dpa) Ausgebildete Arbeitnehmer aus Deutschland und anderen europäischen Ländern können ihre Dienste künftig leichter im EU-Ausland anbieten. Das Europaparlament stimmte für eine Richtlinie, die die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen vorsieht. In der Region stößt die Regelung auf Kritik.

"Damit werden etwa 150 deutsche Berufe vom Elektriker über den Tierarzt bis zum Vermessungsingenieur EU-weit anerkannt", sagte der CSU-Europaabgeordnete Joachim Wuermeling. Die Richtlinie tritt voraussichtlich 2007 in Kraft.Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) warnten vor einer Abwertung deutscher Berufsabschlüsse. Ihrer Meinung nach ist der deutsche Meistertitel in der Staffel von fünf Ausbildungsniveaus (Angelernter bis Hochschulabsolvent) auf Stufe zwei zu niedrig bewertet. Ein Wettlauf bei der Qualität sei nicht zu befürchten, sagte die EU-Parlamentarierin Heide Rühle (Grüne): "Wer sich dauerhaft niederlassen möchte, muss gegebenenfalls eine Eignungsprüfung nachweisen oder Fortbildungen absolvieren."

Mindeststandards in einigen Berufen

Für besonders sensible Berufe wie Ärzte, Apotheker oder Architekten würden zudem Mindeststandards festgelegt. Das Kontrollrecht liegt beim Aufnahmeland. Notare sind von der Richtlinie ausgenommen. Für eine vorübergehende Tätigkeit im Ausland reicht hingegen bereits eine zweijährige selbstständige Tätigkeit in diesem Beruf im Heimatland. In diesem Fall darf jedoch nicht der Titel des Gastlandes gewählt werden, so dass sich beispielsweise Klempner aus England auch in Deutschland "Plumber" nennen müssen. Mit Billigkonkurrenz aus dem Ausland sei durch die Richtlinie nicht zu rechnen, sagte Wuermeling: "Der Niedriglohnbereich ist nicht betroffen, weil dort gar keine staatlichen Qualifikationsanforderungen gestellt werden können."

Die Richtlinie ersetzt die in den vergangenen 40 Jahren erlassenen 15 Einzelbestimmungen zum Thema Berufsqualifikationen. Dazu zählen zwölf Richtlinien für die Gesundheitsberufe, Apotheker und Architekten sowie Regelungen für die Anerkennung von Universitätsdiplomen. Das neue Gesetz gilt als wichtiger Baustein für die von der EU-Kommission vorgeschlagene Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte. Mit der Qualifikationsrichtlinie soll das notwendige Berufsniveau sichergestellt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort