Anlaufstelle für Nostalgiker

TRIER/SAARBRÜCKEN. Von Portugal bis Potsdam: Wer in Europa für seinen Manta- oder Kadett-Youngtimer Ersatzteile sucht, wird künftig bei der Trierer Firma AHD fündig. Sie übernimmt für die Opel-Mutter General Motors den Verkauf von Anlassern, Bremsanlagen & Co.

"Wir sind die Jungs von der Opel-Gang und haben alles abgehängt..." - hinter diesen Zeilen steht nicht nur das gleichnamige Album der Punkband "Die Toten Hosen" aus dem Jahr 1983, hinter diesen Zeilen steckt auch ein Lebensgefühl tausender Opel-Fahrer zu dieser Zeit. Wie kaum eine andere Marke hat der Auto-Produzent, der 1862 ursprünglich mit der Herstellung von Nähmaschinen begann, mit seinen Modellen Identifikation gestiftet. Manta, Ascona und Kadett - die Autos aus den 70er und 80er Jahren sind heute Youngtimer, und begehrt wie nie. Ersatzteile erst recht.Alles Teile der Baujahre 1975 bis 1992

Hier kommt nun die Trierer Firma AHD (Autohandels- und Dienstleistungsgesellschaft) ins Spiel. Denn das Unternehmen von der Mosel hat Ende April den Zuschlag für einen Fünf-Jahres-Vertrag mit der Opel-Mutter General Motors in den USA bekommen. Zweck: AHD übernimmt für ganz Europa die Versorgung mit allen Ersatzteilen für Opel-Youngtimer, die zwischen 1975 und 1992 gebaut wurden. Ob Türen, Motorhauben, Auspuff oder Scheinwerfer, alle Originalteile der Modelle Manta B, Ascona B und C, Kadett D und E, Omega A, Rekord E und Vectra A werden künftig von Trier aus vertrieben. "Wir haben uns durchgesetzt, weil wir bei der internationalen Ausschreibung die einzigen mit Opel-Erfahrung waren - bei den Mikrofilmen, die alle Autoteile auflisten, beim Personal, das bis zu 40 Jahren Betriebszugehörigkeit aufweist, und weil wir innerhalb von drei Monaten eine Internet-Datenbank aufgebaut haben, die einen Online-Shop anbietet", sagt Gerhard Wirtz, Geschäftsführer der AHD. Die wiederum gehört zur Trierer Heister-Gruppe mit sechs Auto-Fabrikaten an neun Standorten und 600 Mitarbeitern.Täglich 500 Anfragen

Seit Montag ist nun www.opel-classicparts.com im Internet aktiv - und schon gibt es täglich bis zu 500 Anfragen aus ganz Europa an die Trierer. Während Opel-Händler ihre Anfrage über Suchmaschine und Fahrgestellnummer abgeben, werden die Wünsche der Privatkunden und Autoklubs vom AHD-Callcenter in Trier je nach Modell bearbeitet. Drei Mitarbeiter hat Geschäftsführer Wirtz über den Stellenservice der Trierer Agentur für Arbeit gefunden, sie sprechen zusammen - von portugiesisch bis deutsch - sechs Sprachen. Viel zu tun ist aber auch im Großhandelslager der Firma in Saarbrücken. Auf 6800 Quadratmetern werden über vier Etagen alle Ersatzteile von rund 30 Mitarbeitern verteilt. Täglich erreichen etwa sechs Lastwagen aus den Opel-Werken Rüsselsheim, Bochum, aus Spanien und England die AHD-Halle im Saarland. "Opel bietet uns die Teile an, wir analysieren den Bestand und schätzen das Potenzial und kaufen entsprechend ein", sagt Gerhard Wirtz. Der Rest werde verschrottet. Derzeit seien zwar erst 3100 verschiedene Artikel im Bestand, bis Jahresende sollen es aber 15 000, bis 2007 sogar 32 000 verschiedene Teile werden. Ein Geschäft mit Potenzial, denn 800 Tonnen Ware aus rund 240 LKW wollen verkauft werden. Immerhin beträgt der ursprüngliche Verkaufswert 30 Millionen Euro. Ist dennoch kein Ersatzteil mehr da, kein Problem. "AHD bekommt alle Design-Pläne, und wir lassen nachproduzieren", sagt der Geschäftsführer.Vier Millionen Autos europaweit zugelassen

Dass das Geschäft mit den Ersatzteilen keine Marktlücke, sondern ein faustdickes Geschäft ist, zeigen die Zahlen. "Europaweit sind noch etwa vier Millionen dieser Opel-Fahrzeuge zugelassen", sagt Gerhard Wirtz. Allein in Rheinland-Pfalz seien es 65 000. "Dass es so viele sind, hätten wir auch nicht gedacht." Dennoch versteht er es. "In den 70er und 80er Jahren hatte Opel einen Marktanteil von 16 Prozent. Das gibt es heute nicht mehr. Zudem sind die Fahrzeuge immer haltbarer. 18 Jahre Lebensalter sind keine Seltenheit bei diesen Modellen", sagt er. Deshalb seien seine Kunden auch eine spezielle Klientel - entweder junge Fahrer oder leidenschaftliche Liebhaber des Blitzes. Sonderwünsche wie die Frage nach einer Bedienungsanleitung für einen Opel GT sind da keine Seltenheit. "Es gibt ein spezielles Opel-Feeling. Das gibt es sonst kaum", sagt der Geschäftsführer. Deshalb werde man auch nach dem Aufbau des Ersatzteillagers sämtliche Aktivitäten rund um die Youngtimer wie Klub-Treffen, Messen und Chats im Internet forcieren. Gerhard Wirtz, der selbst manchmal seinem alten Manta Berlinetta hinterher trauert, sagt: "Da steckt viel Symbolik drin. Das kann man gut pflegen."

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