Auf der Suche nach neuen Jobs

TRIER. Wer arbeitet, macht einen Fehler. Behauptet zumindest die französische Autorin Corinne Maier und versetzt damit die Wirtschaftswelt in Aufruhr. Immerhin erscheint ihr Buch "Die Entdeckung der Faulheit" in Zeiten, wo Unternehmen ins Ausland ziehen, Mitarbeitern kündigen und die Diskussion um Arbeitszeiten und soziale Standards ihren Höhepunkt erreicht hat.

Nur zwölf Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland sind einer Umfrage des Unternehmensberatungs-Instituts Gallup mit ihrem Job zufrieden. Heißt umgekehrt: 88 Prozent aller Beschäftigten machen ihre Arbeit ohne Identifikation und emotionale Bindung. Für die einen ist dies ein Zeichen für den Untergang der abendländischen Unternehmenskultur, für andere ein Zeichen der sozialen Verödung am Arbeitsplatz. "Jobfrust muss kein Hals- und Beinbruch sein"

Job-Frust muss jedoch noch lange kein Hals- und Beinbruch sein. Auch derjenige, der bereits "innerlich gekündigt" hat, kann durchaus ein zufriedener Mensch sein. Sagt zumindest Corinne Maier. "Bonjour paresse", zu deutsch "Die Entdeckung der Faulheit" heißt ihre Polemik, ihr Ratgeber für die Kunst des Nichtstuns im Büro. Maier selbst ist leitende Angestellte, ausgerechnet beim staatlichen Energiekonzern EDF, dessen Strukturen, Mitarbeiterführung und Management sie nach allen Regeln der Kunst zerpflückt. Die Kündigung folgte auf dem Fuße, der Widerstand der Öffentlichkeit dagegen auch. Wirbel in der Grande Nation: Wie kann man nur von Faulheit schreiben in einer Zeit, in der jeder froh ist, überhaupt noch Arbeit zu haben? Für Corinne Maier wird umgekehrt ein Schuh daraus: In einer Zeit, in der nichts mehr sicher und selbstverständlich ist - weder Job noch Karriere oder Rente - mache es keinen Sinn, sich für eine Firma krumm zu legen. "Versprechen sind nur für die bindend, die daran glauben", schreibt sie, und im Zweifelsfall glaube der Arbeitgeber nicht mehr daran. Ihre Beobachtung: Der ultimative Zweck wirtschaftlichen Handelns ist nur die Aktion selbst. Cashflow, Bilanzen und Gleichförmigkeit dominieren die Unternehmen - Selbstdarstellung ist wichtiger als Sachkompetenz in der Generation der 30- bis 45-Jährigen. Maier trommelt gegen das Mitläufertum heutiger Prägung: "Ihr kleinen Angestellten, verdammte des Tertiärsektors, Hilfskräfte des ökonomischen Prozesses, meine Brüder und Schwestern, die ihr von unterwürfigen Subchefs kommandiert und gezwungen werdet, eure Zeit mit idiotischen Meetings zu vergeuden." Und der Aufstand dagegen? 250 000 verkaufte Exemplare ihres geschickten Pamphlets für mehr Individualität lassen zumindest einen stillen Widerstand derjenigen vermuten, die mit der Arbeitswelt nicht mehr zurecht kommen. Und die gab es schon immer: So schrieb Karl Marx' Schwiegersohn Paul Lafargue eine Satire über das "Recht auf Faulheit", Gotthold Ephraim Lessing widmete der Faulheit ein Gedicht - eine Erscheinung, so alt wie die Arbeitswelt. Und ein Buch, dessen Körnchen Wahrheit hinter viel Frechheit und Zynismus versteckt ist. Wir schlagen in dieser Diskussion einen anderen Weg ein: Der TV hat Persönlichkeiten der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite Corinne Maiers Buch lesen lassen - mit Blick auf das Werk, sich selbst und die Arbeitswelt von heute. Corinne Maier: Die Entdeckung der Faulheit. Von der Kunst, bei der Arbeit möglichst wenig zu tun, Goldmann-Verlag, 12 Euro.

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