Aus der Gastronomie in die Lackierkabine

Wittlich · Nach elf Jahren in der Gastronomie hat sich Jacqueline Schattel entschieden, einen zweiten Beruf zu erlernen: In Wittlich macht die 30-Jährige eine Ausbildung zur Fahrzeuglackiererin. In der TV-Serie "Ausbildung im Fokus" erzählt sie, warum es für sie wichtig war, beruflich noch einmal von vorn anzufangen.

Wittlich. Das Rolltor der garagengroßen Lackierkabine ist geschlossen, die Absauganlage in Betrieb. Jacqueline Schattel zieht ihre Atemschutzmaske über den Mund, kniet sich hin und betätigt den Abzug ihrer Spritzpistole. Ein feiner, kaum sichtbarer Nebel kommt aus der Düse und verteilt sich auf der Tür des Autos, die sich nach und nach hellgrau färbt.
Dass ihr Arbeitsalltag heute darin besteht, Autos zu lackieren, hätte sich Jacqueline Schattel vor drei Jahren noch nicht träumen lassen: Damals arbeitete sie in einem Hotel in Traben-Trarbach, in dem sie 2002 mit ihrer Ausbildung zur Hotelfachfrau angefangen hatte. Doch nach elf Jahren in der Gastronomie merkte sie: "Das will ich nicht den Rest meines Leben machen." Durch die viele Arbeit auch abends, an Wochenenden und Feiertagen habe sie kaum noch Zeit für sich, Freunde oder Hobbys gehabt, sagt die 30-Jährige. Eine ihrer Leidenschaften sind schnelle, sportliche Autos. Daher bewarb sie sich in der Automobilbranche für Praktika - und lernte die Autolackiererei Zens in Wittlich kennen. Eine Woche genügte, um sie zu überzeugen: Ein Beruf, bei dem sie mit Autos zu tun hat und der zugleich Kreativität erfordert, war genau, was sie gesucht hatte. Das bedeutete aber auch, noch mal eine Ausbildung zu machen, zu lernen, zur Berufsschule zu gehen und Prüfungen zu absolvieren. Und: mit weniger Geld auszukommen. Aber Jacqueline Schattel hat keine Angst davor, ins kalte Wasser zu springen. Nachdem sie vergeblich versucht hatte, in ihrer Heimat, der Oberlausitz, eine Lehrstelle zu finden, bewarb sie sich deutschlandweit und landete mit 18 Jahren an der Mosel - weit weg von Familie und Freunden. Auch das hat sie gemeistert: "Ich habe Ausdauer, Geduld und Spaß daran, neue Dinge zu lernen und auszuprobieren", sagt sie. Für ihre zweite Ausbildung hat sie gespart, hat etwa auf Strandurlaub verzichtet. Sie habe kein Problem damit, zurückzustecken. Denjenigen, die überlegen, den Beruf zu wechseln, rät sie: "Man sollte alles gut durchdenken und sich ganz sicher sein. Und dann loslegen und zuversichtlich bleiben."
Bald wird die 30-Jährige, die von der Handwerkskammer Trier zum Lehrling des Monats Mai gekürt wurde, wieder ein volles Gehalt haben: Nach ihrer Abschlussprüfung im Winter wird sie übernommen. Was sie natürlich freut, zumal sie sich im Betrieb sehr wohl fühlt. Vor allem ihrem Kollegen Thomas Hilsemer habe sie viel zu verdanken: "Er hat mir viel beigebracht und stand mir immer mit Rat und Tat beiseite." Etwa beim Mischen des exakten Tons zum Lackieren - für jede Marke und nahezu jedes Modell gibt es eine spezielle Farbrezeptur. Auch "richtig mitanpacken" ist gefragt, etwa beim Demontieren von Fahrzeugteilen. Ebenso gehört das Vorbereiten der zu lackierenden Fläche zu ihren Aufgaben: Vom Reinigen übers Ausbeulen bis zum Schleifen und Grundieren. In der Berufsschule übt sie zudem das Gestalten von Werbeschildern im Airbrush-Verfahren. Auch an Fahrzeugen kann sie diese Kenntnisse anwenden, etwa, wenn der Kunde einen Schriftzug oder ein Logo auf seinem Auto wünscht.
Dass sie im Unterricht in der Berufsschulklasse die einzige Frau ist, stört sie nicht: "Man sollte nicht zu schüchtern, sondern schlagfertig sein. Aber ich habe die Jungs ganz gut im Griff", sagt sie und lacht. Außerdem hat sie einen entscheidenden Vorteil: Frauen können feinere Farbunterschiede erkennen als Männer.

Extra

Fahrzeuglackierer beschichten Fahrzeuge und Aufbauten aller Art mit Lacken und gestalten sie mit Beschriftungen oder Motiven. Sie beurteilen Karosserie- und Lackschäden und bereiten Untergründe für die Lackierung vor. Mit Spritzgeräten und -pistolen tragen sie die einzelnen Lackschichten auf. Für spezielle Schriftzüge oder Ornamente verwenden sie Schablonen oder Folien. Sie versiegeln Hohlräume und konservieren Oberflächen mit Pflegemitteln. Sie demontieren und montieren Bauteile, messen und prüfen die Funktion elektrischer, elektronischer, pneumatischer und hydraulischer Bauteile und Systeme und setzen Fahrzeugverglasungen ein. Teilweise arbeiten sie auch an vollautomatisierten, computergesteuerten Lackierstraßen (Quelle: <%LINK auto="true" href="http://www.berufenet.arbeitsagentur.de" class="more" text="www.berufenet.arbeitsagentur.de"%> ). Die Ausbildung dauert drei Jahre. Die Vergütung beträgt laut Handwerkskammer Trier im ersten Lehrjahr 505 Euro, im zweiten 555 Euro und im dritten 690 Euro. Gesetzlich ist kein Schulabschluss erforderlich, die Betriebe erwarten in der Regel einen ordentlichen Hauptschulabschluss oder die Mittlere Reife. Im HWK-Bezirk bilden 56 Betriebe zum Fahrzeuglackierer aus. Derzeit gibt es zwölf freie Stellen. arn Info: <%LINK auto="true" href="http://www.hwk-trier.de" class="more" text="www.hwk-trier.de"%>

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