Aus der Nische in den Brennpunkt

Frankfurt. (dpa) Der Anstieg der Spritpreise in astronomische Höhen hat die Autohersteller überrollt. Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA in Frankfurt wird das Aufregerthema Kraftstoffverbrauch in großen Teilen ignoriert.

Die Hersteller überbieten sich darin, bei 80 Weltpremieren Hochleistungsmotoren und immer üppigere Ausstattung zu zeigen. Geländewagen, die Mercedes S-Klasse oder eine Vielzahl neuer Cabrios huldigen dem Prinzip "Höher, schneller, weiter". Besonders verbrauchsarme Wagen wie Erdgas- oder Hybridautos spielen nur am Rande eine Rolle. Die Realität hat mit der Messe wenig zu tun. Das Image der deutschen Marken hat vor der IAA ohnehin tiefe Kratzer bekommen. "Den deutschen Herstellern wird vor allem vorgehalten, dass sie den Trend zu Hybrid-Auto und Dieselfilter nicht mitgemacht haben", lautet das Ergebnis einer Medienauswertung des Bonner Instituts Media Tenor. Bei führenden Journalisten lägen ausländische Hersteller wie Nissan und Renault auf den vorderen Plätzen."Die deutschen Autobauer laufen oft hinterher", sagt der Autoanalyst der Metzler Bank, Jürgen Pieper. Wegweisende Trends hätten sie häufig zu spät erkannt. In der Diesel-Technologie waren die Franzosen mit ihrem Partikelfilter der deutschen Konkurrenz voraus. Beim Hybridantrieb war es der japanische Hersteller Toyota, der als erster den Benzinmotor um einen Elektromotor ergänzte, der im Stadtverkehr bis zu ein Drittel Kraftstoff spart

Die Zahl der Diesel-Zulassungen ist im Juli jedoch um fast elf Prozent eingebrochen - die Debatte um Feinstaub und Diesel-Fahrverbote hat die Autofahrer verunsichert. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht keinen Marktdruck für deutsche Autobauer bei Erdgas- und Hybrid. "Wir müssen uns nichts vorhalten lassen", sagt VDA-Präsident Bernd Gottschalk. "Das Spiel ist noch gar nicht richtig angepfiffen worden." Von 3,27 Millionen Neuzulassungen hatten 2004 laut Kraftfahrtbundesamt lediglich rund 1450 einen Hybridmotor. Verbraucherschützer sehen das anders. Es fehle nicht an Nachfrage, sondern am Angebot. "Die deutschen Marken sollen nicht irgendwelche Exoten, sondern alltagstaugliche Autos bauen, zum Beispiel einen Kleinwagen, der vier Liter verbraucht", fordert Holger Krawinkel von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Das Drei-Liter-Auto von Volkswagen, der Lupo, sei mit 20 000 D-Mark viel zu teuer gewesen und schnell vom Markt verschwunden. Das zuletzt leidige Thema Hybrid bekommt auf der IAA neuen Schwung. Bislang bietet in Deutschland nur Toyota ein spritsparendes Serienmodell an. Als Antwort darauf haben sich BMW, DaimlerChrysler und General Motors kurz vor der Messe zusammen geschlossen, um gemeinsam einen Hybridantrieb zu entwickeln. Nach Ansicht von Branchenfachleuten wächst die Gefahr, dass die deutschen Autokonzerne den internationalen Anschluss verlieren.

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