Aus eins mach zwei (oder drei)

Ein Beispiel aus dem Kapitel deutsche Bürokratie: Der Trierer Unternehmer Gerhard Reindl, der als erster bundesweit Tabakstränge als Zigarettenersatz auf den Markt brachte, streitet seit Monaten mit dem Fiskus, wie die 18 Zentimeter langen Stangen zu besteuern sind. Folge: Die Produktion ruht, Beschäftige wurden entlassen.

Trier. Gerhard Reindl fühlt sich betrogen. Betrogen um seine Geschäftsidee. Aber nicht nur die Konkurrenz macht dem 60-jährigen Trierer Unternehmer das Leben schwer. Vor allem das Finanzamt. Der über ein Jahr dauernde Streit mit der Behörde - ein Lehrstück über die deutsche Steuerbürokratie. Dabei geht es darum, ob aus einem 18 Zentimeter langem Tabakstrang zwei oder drei Zigaretten geschnitten werden können. Eine kurios anmutende Auseinandersetzung mit ernsten Hintergrund. Es geht nämlich um Geld, genauer gesagt um Steuereinnahmen. Zigaretten werden in Deutschland pro Stück versteuert, 8,27 Cent pro Zigarette gehen an den Fiskus. Nichtraucher Reindl hat vor einem Jahr die Tabakstränge (zehn passen in eine Packung) unter dem Namen Stax Trio auf den Markt gebracht. Damit hat der der Ärger mit den Steuerbehörden begonnen. Wegen des Namens Trio ist man im nordrhein-westfälischen Bünde bei der für Steuerzeichen für Tabakwaren zuständigen Außenstelle des Hauptzollamts Bielefeld der Meinung, dass man aus einem Strang drei Zigaretten machen kann. Also müssten auch Steuern für insgesamt 30 Zigaretten gezahlt werden. "Das ist Quatsch", sagt Reindls Rechtsanwalt Karsten Behlke. Das Gesetz lege fest, dass 18 Zentimeter lange Tabakstränge wie zwei Zigaretten zu versteuern seien, egal wie viele man daraus schneiden könne. Schließlich könne man sie ja auch kleiner zuschneiden und habe dann entsprechend mehr, argumentiert der Trierer Anwalt. Der Name Trio stehe nicht für drei Zigaretten, sondern ergebe sich daraus, dass man zur Herstellung eines Glimmstängels drei Dinge brauche: den Tabakstrang, die Filterhülsen und ein Schneidegerät. Das haben die Zöllner in Bünde aber nicht gelten lassen: Entweder bezahle Reindl Steuern für insgesamt 30 Zigaretten pro Schachtel oder er dürfe sein Produkt nicht vertreiben. Und für die bereits versandten Packungen an Großhändler seien Nachsteuern fällig. Folge: Die Händler haben die Schachtel zurück geschickt, eine Nachversteuerung wäre zu teuer geworden. "Damit war mein Marktvorsprung weg", ärgert sich der Trierer Geschäftsmann. Der 60-Jährige hat als erster die Idee der Tabakstränge, die klein geschnitten in Filterhülsen gesteckt werden.Unternehmer bekommt Recht zugesprochen

"Die legten mir Steine in den Weg, obwohl ich für zusätzliche Steuereinnahmen gesorgt und auch jede Menge neue Stellen geschaffen hätte", ärgert sich der Unternehmer und fügt grimmig hinzu: "Der Staat macht mich fertig." Die Produktion in seiner Fabrik in Trier ruht, von den im September noch 25 Beschäftigten, hat er 19 entlassen müssen. Nun hat das Düsseldorfer Finanzgericht dem ehemaligen technischen Leiter im Trierer Werk des Zigarettenherstellers JTI Recht gegeben. Tabakstränge seien wie im Steuergesetz vorgeschrieben, als zwei Zigaretten zu besteuern. Eine eindeutige Entscheidung sei das (noch nicht rechtskräftige) Urteil, sagt Rechtsanwalt Behlke. "Aber eine teuer erkaufte." Denn ob Reindl überhaupt wieder in den Markt kommt mit seiner Innovation, ist fraglich. Mittlerweile sind die großen Tabakkonzerne längst auf den Zug aufgesprungen und bieten auch die Billigzigaretten an. Reindls Anwalt überlegt daher, ob er das Zollamt auf Schadenersatz verklagen soll. "Die haben willkürlich und selbstherrlich einen Betrieb fast ruiniert."

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