Ausländer auf die Lohnlisten!

TRIER. Wichtige Zielrichtung des geplanten Anti-Diskriminierungsgesetzes ist der Arbeitsmarkt. Es werde helfen, mehr Migranten in Lohn und Brot zu bringen, argumentieren die Befürworter. Geht diese Rechnung auf? Über die Situation ausländischer Arbeitskräfte in Deutschland sprach der TV mit dem Trierer Soziologen Helmut Willems. Ausländer auf dem deutschen Arbeitsmarkt - wie schätzen Sie die Situation ein? Willems: Wir haben in Deutschland das Problem, dass wir bei vielen Ausländergruppen eine sehr hohe Arbeitslosigkeit haben. Die Integration von Ausländern in den Arbeitsmarkt ist in vielen Bereichen denkbar schlecht. Und viele Ausländer beklagen sich darüber, dass sie nach wie vor große Schwierigkeiten bei der Suche nach einer festen Arbeit haben. Sicherlich gibt es je nach Branche, Region und Betriebsgröße Unterschiede. Wie sieht die Situation bei uns aus? Willems: Es sind vor allem große Betriebe, die Migranten in ihrer Belegschaft stärker berücksichtigen. Der Mittelstand, das Handwerk - also Betriebe, wie sie bei uns vorherrschen, tun sich eher schwer damit. Allerdings kann man hier kein einheitliches Bild zeichnen. Im einfachen Dienstleistungsbereich zum Beispiel sind relativ viele Ausländer beschäftigt. Aber insgesamt entsprechen die Zahlen nach wie vor nicht dem, was wünschenswert wäre. Woher kommen die Probleme? Willems: Es gibt große Mängel, was die Qualifikation und auch die deutschen Sprachkenntnisse mancher Ausländer betrifft. Viele haben keine Ausbildung, die Zahl der Schulabbrecher aus Einwanderer-Familien liegt weit über dem Durchschnitt. Das ist das eine. Zum anderen haben aber auch viele Betriebe Vorbehalte gegenüber Ausländern. Bringt uns ein Antidiskriminierungsgesetz weiter? Willems: Meiner Meinung nach ist ein solches Gesetz nicht nötig. Wir haben bereits europäische Vorgaben und Regelungen, die auf deutliche Verbesserungen zielen, was die Gleichstellung von Migranten auf dem Arbeitsmarkt betrifft. Außerdem glaube ich kaum, dass ein Gesetz die Situation entscheidend verbessern kann. Um das zu erreichen, müssen wir andere Wege gehen. Welche Ansätze schlagen Sie vor? Willems: Wir müssen einerseits ausländische Jugendliche konsequent fördern. Und wir müssen uns andererseits um ein anderes Bewusstsein in den Betrieben bemühen, ihnen klar machen, dass es hier ein Arbeitskräftepotenzial gibt, das nicht genutzt wird. Dass wir zur Zeit fünf Millionen Arbeitslose haben, macht das natürlich nicht einfacher. Warum halten Sie es für wichtig, dass sich Betriebe trotz der hohen Arbeitslosigkeit um ausländische Arbeitnehmer bemühen? Willems: Zunächst einmal haben wir die Verpflichtung, allen Menschen, die zu dieser Gesellschaft gehören, Chancen der Integration und Teilhabe zu eröffnen - das gilt natürlich auch für die, die als Ausländer hier leben. Und zum anderen gibt es durchaus auch handfeste Gründe für Betriebe, speziell auf Ausländer zurückzugreifen. Zum Beispiel? Willems: Zum Beispiel, wenn spezielle Fähigkeiten gefordert sind. Viele Betriebe versuchen, mit der Einstellung von Ausländern zusätzliche Sprachkompetenzen an sich zu binden oder bestimmte Zielgruppen besser zu erreichen. Die jeweiligen Chancen muss man ausloten. Es wäre wichtig, hier Überzeugungsarbeit zu leisten. Insgesamt brauchen wir ein Bewusstsein dafür, dass Ausländer nicht grundsätzlich benachteiligt sind in Bezug auf ihre Fähigkeiten. Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Wie wird sich die Integration von Ausländern in den deutschen Arbeitsmarkt entwickeln? Willems: Wir werden aufgrund der demographischen Entwicklung stärker auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen sein. Und es wird weniger eine Rolle spielen, welche Herkunft jemand hat, als welchen Beitrag er für diese Gesellschaft leistet. Ich glaube, dass es in zehn, fünfzehn Jahren viel selbstverständlicher sein wird, die Integration von Ausländern auf dem deutschen Arbeitsmarkt als Ziel zu formulieren. Ich glaube allerdings auch, dass wir selbst dann noch einiges aufzuholen haben. Manches lässt sich nur über Generationen hinweg erreichen. S Mit Helmut Willems sprachunsere Redakteurin Inge Kreutz.

Ausländer auf dem deutschen Arbeitsmarkt - wie schätzen Sie die Situation ein? Willems: Wir haben in Deutschland das Problem, dass wir bei vielen Ausländergruppen eine sehr hohe Arbeitslosigkeit haben. Die Integration von Ausländern in den Arbeitsmarkt ist in vielen Bereichen denkbar schlecht. Und viele Ausländer beklagen sich darüber, dass sie nach wie vor große Schwierigkeiten bei der Suche nach einer festen Arbeit haben. Sicherlich gibt es je nach Branche, Region und Betriebsgröße Unterschiede. Wie sieht die Situation bei uns aus?Willems: Es sind vor allem große Betriebe, die Migranten in ihrer Belegschaft stärker berücksichtigen. Der Mittelstand, das Handwerk - also Betriebe, wie sie bei uns vorherrschen, tun sich eher schwer damit. Allerdings kann man hier kein einheitliches Bild zeichnen. Im einfachen Dienstleistungsbereich zum Beispiel sind relativ viele Ausländer beschäftigt. Aber insgesamt entsprechen die Zahlen nach wie vor nicht dem, was wünschenswert wäre. Woher kommen die Probleme? Willems: Es gibt große Mängel, was die Qualifikation und auch die deutschen Sprachkenntnisse mancher Ausländer betrifft. Viele haben keine Ausbildung, die Zahl der Schulabbrecher aus Einwanderer-Familien liegt weit über dem Durchschnitt. Das ist das eine. Zum anderen haben aber auch viele Betriebe Vorbehalte gegenüber Ausländern. Bringt uns ein Antidiskriminierungsgesetz weiter? Willems: Meiner Meinung nach ist ein solches Gesetz nicht nötig. Wir haben bereits europäische Vorgaben und Regelungen, die auf deutliche Verbesserungen zielen, was die Gleichstellung von Migranten auf dem Arbeitsmarkt betrifft. Außerdem glaube ich kaum, dass ein Gesetz die Situation entscheidend verbessern kann. Um das zu erreichen, müssen wir andere Wege gehen. Welche Ansätze schlagen Sie vor? Willems: Wir müssen einerseits ausländische Jugendliche konsequent fördern. Und wir müssen uns andererseits um ein anderes Bewusstsein in den Betrieben bemühen, ihnen klar machen, dass es hier ein Arbeitskräftepotenzial gibt, das nicht genutzt wird. Dass wir zur Zeit fünf Millionen Arbeitslose haben, macht das natürlich nicht einfacher. Warum halten Sie es für wichtig, dass sich Betriebe trotz der hohen Arbeitslosigkeit um ausländische Arbeitnehmer bemühen? Willems: Zunächst einmal haben wir die Verpflichtung, allen Menschen, die zu dieser Gesellschaft gehören, Chancen der Integration und Teilhabe zu eröffnen - das gilt natürlich auch für die, die als Ausländer hier leben. Und zum anderen gibt es durchaus auch handfeste Gründe für Betriebe, speziell auf Ausländer zurückzugreifen. Zum Beispiel? Willems: Zum Beispiel, wenn spezielle Fähigkeiten gefordert sind. Viele Betriebe versuchen, mit der Einstellung von Ausländern zusätzliche Sprachkompetenzen an sich zu binden oder bestimmte Zielgruppen besser zu erreichen. Die jeweiligen Chancen muss man ausloten. Es wäre wichtig, hier Überzeugungsarbeit zu leisten. Insgesamt brauchen wir ein Bewusstsein dafür, dass Ausländer nicht grundsätzlich benachteiligt sind in Bezug auf ihre Fähigkeiten. Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Wie wird sich die Integration von Ausländern in den deutschen Arbeitsmarkt entwickeln? Willems: Wir werden aufgrund der demographischen Entwicklung stärker auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen sein. Und es wird weniger eine Rolle spielen, welche Herkunft jemand hat, als welchen Beitrag er für diese Gesellschaft leistet. Ich glaube, dass es in zehn, fünfzehn Jahren viel selbstverständlicher sein wird, die Integration von Ausländern auf dem deutschen Arbeitsmarkt als Ziel zu formulieren. Ich glaube allerdings auch, dass wir selbst dann noch einiges aufzuholen haben. Manches lässt sich nur über Generationen hinweg erreichen. S Mit Helmut Willems sprachunsere Redakteurin Inge Kreutz.

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