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TRIER. Krank geschrieben, dienstunfähig, Ruhestand - zahlreiche Postbeamte werden vorzeitig in Pension geschickt. Mitarbeiter berichten von gezieltem Mobbing.

"Vor zwei Jahren hätte ich noch 75 Prozent meiner Bezüge bekommen. Jetzt sind die Konditionen nicht mehr ganz so gut." Ein bisschen ärgert er sich schon, dass er das Angebot seiner Chefs damals nicht angenommen hat. "Aber ich wollte einfach nicht mit 51 Jahren in den Ruhestand geschickt werden. Aus heutiger Sicht sage ich: Ich war blöd." Heute ist der Postbeamte 53 und nach eigener Aussage der Jüngste in seiner Dienststelle. Alle jüngeren Kollegen sind längst weg in Früh-Ruhestand: Entweder wurden sie dienstunfähig geschrieben, oder ihnen wurde eine Abfindung angeboten. Mit 40 oder 42 Jahren. Ihre Namen wollen die Postler lieber nicht in der Zeitung sehen. Sie haben Angst vor ihrem Arbeitgeber, der sie vor die Tür gesetzt hat. Viele schämen sich auch, weil sie in einem Alter, in dem andere beruflich noch einmal durchstarten, abgeschoben werden. Immer wieder wird berichtet, dass einige Frühpensionäre psychische Probleme hätten. "Kein Wunder", meint ein Mitarbeiter einer städtischen Postfiliale in der Region. Er berichtet davon, dass Kollegen von ihm gezielt von Vorgesetzten gemobbt worden seien. Vor allem Mitarbeiter, die auf andere Stellen versetzt wurden und Arbeiten verrichten mussten, für die sie überqualifiziert waren. "Das macht die Leute krank." Nach Ansicht des Postmitarbeiters ist genau das das Ziel der Post. Nach zwei Monaten Krankenschein erhalten die Mitarbeiter eine Vorladung zum Betriebsarzt. Und, so behauptet der Postler, nicht selten würden die Leute dann tatsächlich dienstunfähig geschrieben. Nach einem Jahr werden sie dann in Pension geschickt. "In der Regel wollen die Leute auch gehen, weil sie es einfach nicht mehr aushalten", sagt der 38-Jährige, dem vor zwei Jahren bereits eine Abfindung in Höhe von rund 75 000 Euro angeboten wurde, die er aber abgelehnt hat. "Selbst mit Abfindung und Pension kann doch kaum einer auf Dauer über die Runden kommen. Viele haben Familie, ein Häuschen oder anderen Verpflichtungen." Laut Gewerkschaft Verdi erhalten die geschassten Beamten gerade mal eine Mindestrente von knapp 1100 Euro. Ohne zusätzliches Einkommen dürfte also kaum einer auskommen. So kommt es auch, dass bei der Post als dienstunfähig geltende Beamte plötzlich wieder arbeiten. Zum Beispiel in Postagenturen. Er sei mit seinem Mitarbeiter sehr zufrieden, berichtet ein Agenturbetreiber. Er hat in seinem Laden eine Poststelle eröffnet, nachdem im Ort die Post-Filiale dichtgemacht hat. Einer der zwei neuen Mitarbeiter ist ein krankgeschriebener Ex-Postler. "Den brauchte ich gar nicht einzuarbeiten", freut sich der Agenturbetreiber. Bei der Post sagt man dazu nichts. Man halte sich streng an die gesetzlichen Vorgaben für die Frühpensionierung. Bei Verdi sieht man das natürlich ganz anders. "Das ist ein Skandal", wettert Verdi-Sprecher Frank Jesse. Es sei beileibe keine Ausnahme, dass junge, gut qualifizierte Mitarbeiter in Pension geschickt würden. Selbst Halbtagskräfte würden mit der vollen Mindestrente der vollzeitbeschäftigten Beamten in Pension geschickt: "Einige haben dann sogar mehr, als würden sie weiter arbeiten gehen."

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