Baugeld für den Bestatter

COCHEM/TRIER. In der Affäre um das Finanzdebakel bei der ehemaligen Kreissparkasse Cochem-Zell gelangen fast täglich neue Details aus den Prüfberichten an die Öffentlichkeit. Der CDU-Landtagsabgeordnete Herbert Jullien (Bullay) gerät wegen eines Millionenkredits immer stärker unter Druck.

War bei der Vergabe eines Millionenkredits an den ehemaligen Sparkassen-Verwaltungsrat Herbert Jullien alles in bester Ordnung? Oder genoss der 54-jährige CDU-Politiker Privilegien, und wurde womöglich sogar gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen? Diese Fragen werden längst nicht mehr nur an der Mittelmosel diskutiert, wo seit der Beinahe-Pleite der Cochem-Zeller Kreissparkasse ohnehin die Gerüchte ins Kraut schießen. Mittlerweile beschäftigt sich auch die Koblenzer Staatsanwaltschaft mit dem Millionendebakel. Die Ermittler haben mehrere Prüfberichte über das Geschäftsgebaren der Banker angefordert und sind bei der Lektüre offenkundig auf Ungereimtheiten gestoßen. Wie der TV bereits am Mittwoch berichtete, wollen die Strafverfolger mehrere Ermittlungsverfahren einleiten - darunter auch eines gegen den CDU-Landtagsabgeordneten Herbert Jullien. Der 54-Jährige soll Ende 2000 bei der Kreissparkasse Cochem-Zell einen Kredit über knapp 1,2 Millionen Euro für ein Wohn- und Geschäftshaus in Trier-Zewen beantragt und dabei bestehende Verbindlichkeiten von über 670 000 Euro verschwiegen haben. Herbert Jullien sagte dazu dem TV , er habe damals alle Angaben gemacht, "die die Kreissparkasse haben wollte". Gute Bonität, schlechte Bonität

Nach Informationen aus Banker-Kreisen wird dem CDU-Politiker in den Prüfberichten aber nicht nur vorgeworfen, seine wahren Vermögensverhältnisse verschleiert zu haben. Jullien soll auch ein halbes Jahr nach Kreditgewährung die mit der Sparkasse vereinbarten Sicherungen nicht geleistet haben. Zudem soll der Christdemokrat Teile des Kredits nicht nur für den Hausbau in Trier-Zewen, sondern für Zahlungen an Druckereien, ein Busunternehmen sowie einen Autohändler und einen Bestatter verwendet haben. Das alles trotz der Auflagen von KSK-Vorstand und Verwaltungsrat, dass ohne Sicherheiten Überweisungen nur nach Baufortschritt erfolgen durften. Während ein Prüfbericht der KSK-Innenrevision im Juni 2001 die Vermögensverhältnisse Julliens noch als gut bezeichnet, kommt ein weiterer Prüfbericht anderthalb Jahre später zu der Einschätzung, der Kreditnehmer sei deutlich überschuldet. Grund hierfür soll sein, dass plötzlich Schulden Julliens auftauchten, von denen vorher keine Rede war. Für die aus den Kreissparkassen Cochem-Zell und Bernkastel-Wittlich hervorgegangene Sparkasse Mittelmosel Anlass genug, den Millionenkredit des CDU-Abgeordneten um 690 000 Euro wertzuberichtigen. Das wiederum sorgte für neuen Unmut an der Mittelmosel, weil für den Fehlbetrag auch der Kreis Cochem-Zell mit 40 Prozent geradestehen müsste. Im Fall Jullien hat sich die Wertberichtigung mittlerweile erledigt, weil der CDU-Politiker die 690 000 Euro in der Zwischenzeit eingezahlt hat. Das bestätigte Winfried Gassen, Vorstandschef der Sparkasse Mittelmosel, dem TV . Jullien habe ihn zu dieser Aussage ermächtigt. Woher hat der Christdemokrat plötzlich das viele Geld, fragt man sich derweil bereits an der Mittelmosel, wo doch Jullien laut jüngstem Revisionsbericht der Sparkasse angeblich "vorne bei und hinter wider" war. Neue Spekulationen werden wohl nicht lange auf sich warten lassen.

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