"Befreite" müssen zahlen

IDESHEIM. Plötzlich sind für Millionen von Autofahrern in Deutschland Steuern fällig. Alle, die einen Neuwagen mit neuer Abgasnorm fahren, brauchten die ersten drei Jahre keine Steuern zu zahlen. Seit Januar werden sie zur Kasse gebeten. Viele wussten aber gar nichts davon.

Der Steuerbescheid kam ohne Vorwarnung. 339 Euro muss Nikolaus Hack aus Idesheim (Kreis Bitburg-Prüm) für seinen zwei Jahre alten Mercedes 220 CDI seit Januar bezahlen. Bislang war der Wagen steuerbefreit. Was Hack am meisten ärgert: Im vergangenen Jahr hat er das Auto noch mit einem Rußpartikelfilter nachgerüstet. Sein Auto entspricht also der neuesten Abgasnorm, trotzdem wird er zur Kasse gebeten. "Unverschämtheit", ärgert sich der Eifeler. Für sein 14 Jahre altes BMW Cabrio bezahle er gerade mal 184 Euro Steuern im Jahr. Und früher habe er einen Golf gefahren, für den er fünf Jahre keine Steuern habe zahlen müssen. "Da stimmt doch was nicht", dachte sich Hack. Doch. Es hat alles seine Richtigkeit. Seit diesem Jahr gibt es keine dreijährige Steuerbefreiung mehr, auch nicht für schadstoffarme Autos. Die ist Ende des vergangenen Jahres ausgelaufen. Die Freibeträge beliefen sich auf 306,78 Euro für Benziner und 613,55 Euro für Diesel. Jetzt werden alle Autofahrer zur Kasse gebeten. Auch wenn sie Wagen mit strengster Abgasnorm fahren. 6,75 Euro pro angefangene 100 Kubikzentimeter Hubraum werden für einen Ottomotor fällig, beim Diesel sind es 15,44 Euro. Wer sich also im vergangenen Jahr einen Neuwagen kaufte, hat Pech. Er muss nun den vollen Steuersatz zahlen. Wie Nikolaus Hack. Vor allem in flächenmäßig großen Landkreisen wie Bitburg-Prüm, in dem knapp 100 000 Kraftfahrzeuge zugelassen sind und das Nahverkehrsangebot nicht so üppig ist, sorgt die Steueränderung für Ärger. Zumal sie mehr oder weniger unangekündigt ins Haus flatterte. Viele Autofahrer, die bislang keinen Cent für ihren Wagen zahlen mussten, werden sich Ende vergangenen Jahres, als der Bescheid über die KFZ-Steuer kam, erst mal gewundert haben. Keine ausführliche Begründung, kein persönliches Anschreiben. Erst am Ende des Schreibens, dem die Einzugsermächtigung gleich beigefügt war, stand in einem kurzen Satz, dass nach "Paragraph 3 b KraftStG" die Steuerbefreiung ende. Mehr nicht. Zwar war seit 2000 klar, als die Steuerbefreiung eingeführt wurde, dass sie zum 31. Dezember 2005 ausläuft. Doch wer kann sich das so lange im Voraus merken? Und dass Hack für sein altes Cabrio weniger als für sein neues Auto zahlen muss, hängt damit zusammen, dass alte Wagen pauschal versteuert werden. Für Dieselfahrer ist die Besteuerung auch aus einem anderen Grund ärgerlich. Als im vergangenen Jahr die Feinstaubdiskussion losgetreten wurde, hat man sie bedrängt, ihre Autos mit teuren Rußpartikelfiltern nachrüsten zu lassen. Doch steuerlich haben sie nichts davon. Noch konnte sich die Politik nicht einigen. Im Gespräch ist eine Unterstützung von 250 Euro für gebrauchte Diesel und bis zu 350 Euro für neue. Wann und ob die steuerliche Förderung in Kraft tritt, steht noch in den Sternen.

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