Beleidigte Leberwurst

TRIER. Weil Triers IHK-Präsident Wolfgang Natus kürzlich heftig auf Gewerkschaften und Bundesregierung eingedroschen hat, sind die Betroffenen jetzt sauer. Als Retourkutsche schwänzen die Genossen heute einen Parlamentarischen Abend der rheinland-pfälzischen Kammern in Berlin.

Gute Gespräche, gutes Essen und ein nicht minder guter Tropfen -das sind die Zutaten für einen "Parlamentarischen Abend".Parlamentarische Abende gibt es in der politischen SchaltzentraleBerlin beinahe jeden Tag, und sie laufen immer nach dem gleichenMuster ab: Wichtige Interessenvertreter treffen wichtigePolitiker und reden über wichtige Dinge. Damit einParlamentarischer Abend aus Sicht der Veranstalter erfolgreichwar, sollten sich die Volksvertreter bei der Gesetzgebungmöglichst an die Anregungen der Lobbyisten halten. Das ist allerdings schwierig, wenn Abgeordnete einem solch wichtigen Abend einfach fern bleiben. Genau das aber wollen die zwölf rheinland-pfälzischen SPD-Mandatsträger heute Abend tun.

Ausgerechnet dem garantiert sehr bedeutsamen jährlichen Treffen mit Vertretern der heimischen Wirtschaftskammern haben die Genossen eine Absage erteilt. Schuld daran ist auch noch ein Trierer - Wolfgang Natus, Präsident der Industrie- und Handelskammer. Der hatte Anfang Februar im TV so heftig über Gewerkschaften ("Lieber eine Handvoll Gewerkschaftsführer in den Wahnsinn treiben, als viele Unternehmer in die Pleite") und die rot-grüne Bundesregierung hergezogen, dass den Genossen die Lust auf ein fröhliches Beisammensein verging. "In einer solchen Atmosphäre ist uns die Teilnahme (…) nicht möglich", ließ SPD-Landesgruppenchefin Lydia Westrich den Trierer IHK-Präsidenten wissen. Ein wenig in die Bredouille gebracht hat die Absage Genossin Elke Leonhard. Die hat nämlich nicht nur ein rotes Parteibuch in der Tasche, sondern ist nebenbei auch noch Präsidentin der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft, also Herrin des Hauses, in dem das exquisite Treffen heute Abend stattfindet. Als Präsidentin hätte Leonhard den rheinland-pfälzischen Wirtschaftsadel gerne begrüßt, muss sich nun aber der Gruppendisziplin beugen. Artig hat sie aber abgesagt - "aufgrund anderer terminlicher Verpflichtungen".

Da war SPD-Finanzstaatssekretär Karl Diller schon ein wenig undiplomatischer. "Die Äußerungen Ihres Präsidenten sind polemisch, beleidigend und auf einem Niveau, mit dem er kein ernsthafter Gesprächspartner mehr ist", schrieb Diller an den Trierer IHK-Hauptgeschäftsführer Arne Rössel. Kurzum: Auch der Hermeskeiler Diller, derzeit ohnehin ein wenig grippe-kränkelnd, bleibt dem Treffen fern. Dabei sollte Eichels Staatssekretär heute Abend eigentlich die Gegenrede auf Gastgeber Wolfgang Natus halten. Nach Dillers Absage muss jetzt FDP-Landeschef Brüderle ran. Von einer Gegenrede kann dann wohl keine Rede mehr sein.

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