Bescheidene Weinsaison: Etliche Fässer bleiben leer

Nittel · Weniger Trauben, mehr Arbeit: Die Weinsaison 2010 ist für die Winzer im Vergleich zum vergangenen Jahr eine eher bescheidene. Bis vor vier Wochen hatte Winzer Harald Apel aus Nittel damit nicht gerechnet.

 Mit der Ertragsmenge der 2010-er Weinernte nicht zufrieden: Winzer Harald Apel in seinem Nitteler Weinkeller vor einem Holzfass, in dem Rotwein der Rebsorte Regent reift. TV-Foto: Sarah-Lena Gombert

Mit der Ertragsmenge der 2010-er Weinernte nicht zufrieden: Winzer Harald Apel in seinem Nitteler Weinkeller vor einem Holzfass, in dem Rotwein der Rebsorte Regent reift. TV-Foto: Sarah-Lena Gombert

Es sprudelt und gluckert im Keller in der Weinstraße Hausnummer 26 in Nittel. Aus kleinen Glasröhrchen am oberen Ende von Tanks aus Edelstahl und Kunststoff steigt das Kohlenstoffdioxid empor, das aus dem gärenden Saft im inneren der Behälter entweicht.

Erntehelfer früher bestellt



Der süßliche Geruch von Trauben und Alkohol liegt in der Luft. Im hellen Licht der Neonröhren steht der Nitteler Winzer Harald Apel. Er wirft einen kritischen Blick auf seine Tanks. Normalerweise hat Winzer Apel Platz für 200 000 Liter Wein. Doch in diesem Jahr bleiben einige der Tanks leer. Zu klein ist die Weinernte an der südlichen Wein-Mosel ausgefallen.

"Das war eine Sache von wenigen Tagen", erzählt Harald Apel, der das Weingut in den 1980er Jahren gemeinsam mit seinem Bruder von den Eltern übernommen hat und heute 17 Hektar Rebfläche bewirtschaftet. Nur ungern denkt er an die letzten Septemberwochen zurück. Noch Mitte des Monats hatten die Trauben so vielversprechend ausgesehen. Doch durch plötzlich einsetzende, starke Regenfälle und milde Temperaturen habe sich unter den Weinreben die Fäulnis ausgebreitet. "Wir haben versucht, die Trauben durch Entblättern in der Traubenzone besser zu belüften", sagt Apel. Dazu wurden Blätter von den Reben entfernt, damit der Wind die Trauben besser trocknet. Dennoch habe der Pilz schnell um sich gegriffen, sagt Apel. Die 15 Erntehelfer habe man zwar so früh wie möglich bestellt - doch alles konnte nicht gerettet werden. "Zuerst wollten wir das gar nicht wahrhaben", schildert der Winzer die Situation. Man habe so schnell wie möglich gehandelt, um die schlimmsten Ernteausfälle zu verhindern. Nach viel negativer Auslese, also dem Pflücken der faulen Beeren von Hand, haben die Apels mit der Erntemaschine einen Teil der Ernte schneller einbringen können. Ein Vorteil, den die Kollegen mit Reben in der Steillage nicht haben.

Für die Produktion von trockenem Wein sind die mit Pilz befallenen Trauben nicht zu gebrauchen; sie müssen aussortiert werden. Apel: "Zum Glück konnten wir die Ausfälle durch Zukäufe vergleichbarer Trauben ein bisschen abfangen." Die Zukäufe stammen von Winzern, die ihre Produkte nicht selbst vertreiben, sondern Most in Fässern an andere Betriebe liefern. Die Ernte fiel nicht nur geringer aus (etwa 25 Prozent), sie erreicht auch qualitativ nicht das Ergebnis des Vorjahres.

Auch nach der Lese viel Arbeit für die Winzer



Auch wartet nach der Lese auf die Winzer mehr Arbeit. "Der Säuregehalt ist höher als im vergangenen Jahr" erklärt Apel. Mit einem biologischen Säureabbau (siehe Extra) lasse sich die Säure jedoch gezielt verringern, sodass die Weine ein runderes, harmonisches Aroma bekämen.

Schlechtere Erträge - und dann noch mehr Arbeit: Im Vergleich zum Jahr 2009 ist Apel mit dieser Saison nicht zufrieden. "Aber 2009 war auch außergewöhnlich gut", räumt er ein. "Die Weine des Jahrgangs 2010 werden erfrischende, herzhafte Qualitätsweine, doch Spitzenprodukte wie im vergangenen Jahr haben wir nur wenige im Keller." Durch die gering-ere Ernte, mehr Arbeit und den Zukauf von Trauben werde der Jahrgang 2010 auf jeden Fall etwas teurer. Extra Unter biologischem Säureabbau versteht man einen im Weinanbau wichtigen Vorgang. Dabei wird die unangenehm sauer schmeckende Apfelsäure (Malat) durch Milchsäurebakterien in wesentlich mildere Milchsäure (Laktat) umgewandelt. Als Nebenprodukt entsteht Kohlensäure, es handelt sich also um eine Gärung. Darum spricht man auch von der malolaktischen Gärung. Die Technik wird vor allem bei Rotweinen, aber auch bei Weißweinen angewandt. (slg)Hintergrund Deutsche Weine wachsen in insgesamt 13 Anbaugebieten. Nachstehend eine Übersicht über die einzelnen Regionen und ihre Rebflächen sowie die darauf bevorzugt angebauten Rebsorten: Ahr: 558 Hektar, vor allem Rotweine Baden: 15 906 Hektar, wichtigstes Anbaugebiet für Spätburgunder Franken: 6063 Hektar, meist Müller-Thurgau und andere Weißweine Hessische Bergstraße: 439 Hektar, kleinstes Gebiet Mittelrhein: 461 Hektar, oft arbeitsaufwendige Steillagen Mosel: 9034 Hektar, überwiegend Riesling, viele Steillagen Nahe: 4155 Hektar, vor allem Riesling, aber auch Müller-Thurgau Pfalz: 23 461 Hektar, Riesling und Dornfelder am wichtigsten Rheingau: 3125 Hektar, vor allem Riesling und etwas Spätburgunder Rheinhessen: 26 444 Hektar, größtes Anbaugebiet Deutschlands Saale-Unstrut: 685 Hektar, Hauptsorte Müller-Thurgau Sachsen: 462 Hektar, vor allem Müller-Thurgau und Riesling Württemberg: 11 511 Hektar, rund 70 Prozent Rotweine (dpa)

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