Bildungsträger auf den Barrikaden

TRIER. Harte Zeiten für Arbeitslose. Und harte Zeiten für Bildungsträger. Denn die Ausschreibungspraxis für die Weiterbildung von Arbeitslosen hat sich grundlegend verändert - zum Leidwesen der Arbeitslosen, kritisieren die Bildungsträger in der Region Trier.

Mit den Hartz-Reformen hat sich einiges auf dem Arbeitsmarkt verändert; auch die Weiterbildung von Arbeitslosen und die Praxis, welcher Bildungsträger künftig für welches Angebot den Zuschlag bekommt. Waren früher die örtlichen Arbeitsämter für die Vergabe der Aufträge zuständig, sind seit dem Herbst 2003 bundesweit Ausschreibungen vorgesehen. Eine Praxis, gegen die sich die neun Bildungsträger der Region Trier wehren. Tüv Akademie Rheinland, Ibis Acam Region Trier, Überbetriebliches Ausbildungszentrum Wittlich, Dekra-Akademie, Target, Deutsche Angestellten Akademie (DAA) Zweigstelle Trier, Berufsbildungszentrum Bitburg-Prüm, Bürgerservice gemeinnützige Gesellschaft zur Integration Arbeitsloser sowie die Gesellschaft zur Förderung des Handwerks: Sie als Anbieter in der Region fürchten um die Qualifizierung der rund 16 000 Arbeitslosen in der Region und um die Seriösität der Konkurrenz.Dumpingpreise gehen vor Leistung

"Ortsfremde Billiganbieter werden bevorzugt, ohne dass sie die regionalen Gegebenheiten kennen", sagt Hans-Hermann Kocks, Hauptgeschäftsführer der Trierer Handwerkskammer (HWK), eine der betroffenen Einrichtungen. Weil die Ausschreibungen für bestimmte Betreuungs-Lose so unpräzise seien, sei das teuerste Angebot für die Region Trier zehn Mal so hoch wie das des günstigsten Anbieters gewesen. "Die Vergabe scheint lediglich nach Dumpingpreisen und nicht nach Leistung zu laufen", sagt Kocks. Zwei Beispiele, die dem Bildungs-Bündnis als prägnantes Beispiel dienen: In der Region Trier und in anderen Teilen von Rheinland-Pfalz sollte ein ostdeutscher Bieter mit fünf Mitarbeitern für neun Monate den Auftrag zur Betreuung von knapp 12 000 Arbeitslosen erhalten - wegen der vagen Leistungsbeschreibung musste er nicht mal den Nachweis von Personal und Räumen führen. Wie und wo er betreut, schien erstmal zweitrangig. In einem anderen Fall wollte ein überregaionaler Anbieter rund 1800 Arbeitslose in der Region Trier betreuen - mittels zwei reisenden Mitarbeitern und übers Internet. "Eine Massenabfertigung", kritisiert Ulrike Katschinski-Niemeyer von der DAA. "Das Ziel, mit dieser Vergabe-Praxis effizienter und zusätzlich mit hoher Qualität zu vermitteln, ist nicht zu erreichen." Da gehe die Vermittlungsquote gegen Null. Das Bündnis der Bildungsträger sieht seine Existenz bedroht: Allein durch den Wegfall vor allem berufsvorbereitender Kurse wie "Tip" für Jugendliche oder Förderlehrgänge werden nach Angaben der neun Bildungsträger in der Region vier Millionen Euro weniger für die Qualifizierung durch die Bundesagentur für Arbeit ausgegeben - ein Minus von 30 Prozent. Für Träger, deren Einkommen größtenteils von den Aufträgen der Bundesgantur für Arbeit abhängen, ist dies der Ruin. Rund 50 der 200 Beschäftigten der Einrichtungen in der Region haben bereits ihren Job verloren. Weitere 50 müssen nun um ihren Job bangen. Außerdem könnten in diesem Jahr 850 Arbeitslose gar nicht oder nur verzögert vermittelt werden. Die Folge: Gegen das Vergabeverfahren haben mehrere Bildungsträger vor dem Bundeskartellamt geklagt. Teils mit großem Erfolg. Inzwischen hat die Bundesagentur für Arbeit angekündigt, allein in Rheinland-Pfalz neun Vergabe-Entscheidungen zur Qualifizierung von über 14 000 betroffenen Arbeitslosen zu verschieben. Eines von vier Losen in der Region ist ganz aufgehoben, eines ist nach veränderten Kriterien neu ausgeschrieben worden. "Durch eine spätere Qualifizierung sinkt wieder die Vermittlungschance, was wieder mehr Geld kostet - ein Teufelskreis", sagt Jörg Scholtes vom Berufsbildungszentrum Bitburg-Prüm.Bundesagentur bessert nach

Um heimischen Anbietern eine Chance bei den Ausschreibungen zu geben, fordern die Bildungsträger unter anderem kleinere Lose nach regionaler Verteilung und eine präzisere Leistungsbeschreibunge. Nach Angaben der Trierer Agentur für Arbeit sind die Verfahren standardisiert. "Es gibt klare Vorgaben für uns", sagt der Leiter der Trierer Arbeitsagentur Hans Dieter Kaeswurm. Die regionalen Bildungsagenturen müssten aber auch über ihre regionalen Grenzen hinweg aktiv werden. Die Bundesagentur selbst werde in Zukunft die örtlichen Agenturen wieder mehr in die Ausschreibungen einbeziehen und mehr Gewicht auf Qualität denn auf den Preis legen. Kaeswurm stellt aber klar: "Es soll weiter gespart werden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort