Boom mit dem Bonsai-Bayern

LONGUICH. Ein schnauzbärtiger Zwerg in Lederhosen wirbt in den USA für Wein aus Deutschland. Erfinder der Kunstfigur ist ein Unternehmen aus der Region Trier: der Longuicher Weinexporteur Schmitt Söhne.

Was hat ein Bonsai-Bayer mit deutschem Wein gemeinsam? Nichts, sagen Sie. Für uns Deutsche vielleicht. Doch in Amerika sieht man das anders. Das hat Thomas Schmitt, Chef der Longuicher Exportkellerei Schmitt Söhne, erkannt. Seit 2002 wirbt er in den USA mit einer Kunstfigur für deutschen Wein. Der Körper eines Dreijährigen und das Gesicht eines knapp 70-jährigen Mannes, garniert mit Lederhose, Jägerhut und klobigen Wanderschuhen, repräsentiert für Amerikaner typisch deutsche Eigenschaften. "Weinwerbung ist überwiegend langweilig, uniform und anzüglich", sagt Thomas Schmitt. Er habe etwas anderes gewollt, etwas, was keinen beleidigt oder auf Kosten anderer gehe, sondern etwas, was zum Schmunzeln anrege. Schmitt Söhne ist bereits Marktführer für deutschen Wein in den USA. 5,2 Millionen von insgesamt 21 Litern abgesetztem Wein gingen im vergangenen Jahr von Longuich nach Amerika. Nur Großbritannien mit rund zehn Millionen Litern Absatz liegt noch davor. Dennoch muss sich das 85 Jahre alte Unternehmen Gedanken darüber machen, wie es zusätzlich Umsatz im Land der unbegrenzten Möglichkeiten generiert. "Wir haben einen Marktanteil von etwa 50 Prozent, Tendenz steigend", sagt Schmitt. Er setze auf Masse, die Konkurrenz bestehe vor allem aus kleineren Weingütern, die vom Einsatz des Firmenchefs lebten. Immerhin hat sich die Kellerei, die heute in vierter Generation geführt wird, auf Exporte spezialisiert. 85 Prozent der Weine von Schmitt Söhne gehen heute ins Ausland, gut die Hälfte von ihnen stammt von der Mosel. In Atlanta im US-Staat Georgia hat das Unternehmen eine Verkaufsniederlassung, die den Alkohol-Verkauf über den Zwischenhandel regelt. Schmitt schätzt die Bewegungsfreiheit auf dem amerikanischen Markt und die Rentabilität, die seine Weine dort noch erzielen könnten. "Der Markt dort hat Potenzial. Und jede Flasche verkaufter deutscher Wein ist ein Erfolg", sagt Thomas Schmitt. Dass die Kampagne mit dem "little German" in den USA ankommt, zeigt sich bereits. Allein über Werbung in Zeitschriften gab es 156 Millionen Werbekontakte mit dem Endverbraucher. Und im Jahr 2003 ist der Absatz bei Schmitt Söhne um 22 Prozent gestiegen, der Absatz bei deutschem Wein insgesamt stieg um 25 Prozent, beim deutschen Riesling kletterten die Exporte gar um 36,5 Prozent. Insgesamt stieg der Wert der deutschen Weinexporte gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 16,8 Prozent auf über 420 Millionen Euro - die höchste Quote seit Mitte der Achtziger Jahre, ermittelte das Deutsche Wein-Institut (DWI). Was davon auf den Bonsai-Bayern zurückzuführen ist, ist zwar nicht in Zahlen exakt auszumachen. Den Blick für Wein aus Deutschland schärft er allemal. Was auch die Flut an E-Mails bei Schmitt Söhne in Longuich zeigt. "Wir werden von Anfragen überrollt", sagt Assistentin Melanie Güngör. T-Shirts, Mützen und Taschen würden verstärkt nachgefragt. Ein Zeichen, dass der "little German" viele Fans hat, so Chef Schmitt. "Wir legen Wert auf den Spaß-Faktor. Wein wird leider zu Bier-ernst genommen." Lob für den "little German", der für eine Flasche deutschen Weins steht, gibt es auch von Werbe-Fachleuten in den USA. So gewann die Kampagne 2003 Gold für die beste Anzeige in Verbraucher Magazinen und den nationalen Werbe-Wettbewerb National Addy Competition (Zentral US Region).

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