Chaos hat ein Ende

TRIER. Ab heute gilt das neue Verpackungsgesetz. Einweg-Getränke-Verpackungen, auf die Pfand erhoben wird, müssen im Prinzip von allen Geschäften, in denen die Produkte angeboten werden, zurückgenommen werden. Wie sieht es wirklich aus? Darüber sprachen wir mit Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

Ab heute gilt die neue Pfandregelung für Einweggetränkeverpackungen. Was bedeutet das für den Verbraucher? Resch: Eine ganz massive Vereinfachung. Die Zettelwirtschaft hat ein Ende. Kein Geschäft kann mehr sagen, nur noch für bei uns gekaufte Einweggetränke bekommt der Kunde das Pfand zurück. Verbraucher können ihre Pfanddosen und -flaschen überall dort zurückgeben, wo genau diese Marken verkauft werden. Das bedeutet, dass allenfalls für fünf Prozent aller Einweggetränke-Verpackungen noch eine unklare Situation besteht. Gilt das auch für die großen Discounter wie Aldi, Lidl oder Plus? Resch: Die haben - wie etwa Kioske oder Tankstellen - eigene Pfandsysteme aufgebaut, so genannte Insellösungen. Sie nehmen auch weiterhin nur die Dosen und Flaschen an, die bei ihnen gekauft wurden. Das ist insofern gesetzeskonform, weil die Verpackungsverordnung solche großen Insellösungen, wo Handelsketten ihr eigenes Pfandsystem aufbauen dürfen, erlaubt. Allerdings haben die Discounter angekündigt, dass die verschiedenen Unternehmen auch die Pfandflaschen des jeweils anderen anerkennen wollen. Ich bin mal gespannt, ob sie das auch wirklich umsetzen werden. Warum stellt sich der Handel immer noch so stur und sagt, nichts ist geregelt in Sachen Dosenpfand? Resch: Es ist hauptsächlich der Hauptverband des deutschen Einzelhandels, der HDE, der die Probleme sieht. Allerdings vertritt der HDE nicht die Interessen der großen Discounter. Die Discounter verkaufen 74 Prozent aller Einweggetränke in Deutschland. Auch die Kioske und Tankstellen in Deutschland machen einen Großteil ihres Geschäftes mit Dosen und Einwegflaschen. Das heißt der HDE spricht nur für einen geringen Teil des Handels und versucht das so darzustellen, als sei der ganze Handel gegen das Dosenpfand und wolle es boykottieren. Also hat das Dosen-Chaos ab heute ein Ende? Resch : Ja. Nimmt man die Mehrweg-Getränke noch hinzu, dann kann man davon ausgehen, dass gut 95 Prozent aller bei uns verkauften Getränke ohne Komplikationen verkauft werden. Einige Großkonzerne haben ihr Einweg-Sortiment ausgedünnt und einige Produkte ausgelistet. Dadurch werden sie aber wohl Marktanteile verlieren. Immerhin haben die Discounter durch das schlechte Vorbereiten des Handels ihren Marktanteil bei Einweggetränken innerhalb eines Jahres um zehn Prozent erhöht. Aus Sicht des Umweltschutzes müssten sie aber doch sagen, jede nicht mehr verkaufte Einwegverpackung ist gut und das Pfandchaos hat zu mehr Umweltschutz und einen höheren Mehrweganteil beigetragen. Resch: Nicht das Chaos war dafür verantwortlich, sondern wirklich die Einführung des Einweg-Pfands. Plötzlich sind nämlich Dosen und Plastikflaschen nicht mehr so bequem und können nicht mehr einfach weggeworfen werden. Dadurch ist Mehrweg stärker gefragt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Trend auch anhalten wird. Immer mehr Handelskonzerne steigen ausschließlich auf Mehrweg um, weil sie es für kundenfreundlicher halten. Also nochmal: Ab heute wird alles gut in Sachen Dosenpfand? Resch: Es wird allenfalls vom Wortgetöse noch einige turbulente Tage geben. Faktisch wird das aber alles geräuschlos vonstatten gehen. Ich glaube nicht, dass der Handel den Kunden leiden lassen wird. Alle Geschäfte hatten genügend Zeit, sich auf die neue Regelung vorzubereiten. Halten Sie den Ärger wegen des Dosenpfands für symptomatisch für den Reform-Unwillen in Deutschland? Resch: Es stellt sich die Frage, wie geht es in Deutschland weiter, wenn einzelne Konzerne glauben, ein Gesetz einfach umgehen zu können. Es ist schon seltsam, dass wir uns an einer so kleinen Geschichte so lange aufhalten. Das Interview führte TV-Redakteur Bernd Wientjes.

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