"Dampf ablassen"

TRIER. Unterschiedliche Bewertungen findet der gestrige Streik in Trierer Warenhäusern und Schlecker-Filialen der Region. Die Gewerkschaft Verdi spricht von einer erfolgreichen Aktion; die Geschäftsführer erklären, es habe keinerlei Negativ-Auswirkungen auf Kunden gegeben.

Die Stimmung von Dirk Reimers (46), Leiter des Fachbereichs Handel im Verdi-Landesbezirk Rheinland-Pfalz, besserte sich im Lauf des gestrigen Vormittags zusehends. Erst war er "ziemlich sauer", weil ein privater Radiosender trotz Pressemitteilungs-Sperrfrist bereits am Montag die Namen der gestern bestreikten Betriebe vermeldet hatte "und uns damit um den Überraschungseffekt brachte. So konnten die Geschäftsführer noch Aushilfen mobilisieren und Streikauswirkungen abmildern". Später, bei der Kundgebung auf dem Kornmarkt, zeigte sich der Verdi-Funktionär besser gelaunt: "Dieser Tag ist ein deutliches Signal an die Arbeitgeber." Von rund 350 zum Streik Aufgerufenen legten tatsächlich etwa 150 ganztägig die Arbeit nieder und gingen für Lohn-/Gehaltserhöhungen von drei Prozent und eine Anhebung des Mindesteinkommens bei Vollzeitbeschäftigten von 1250 auf 1500 Euro auf die Straße. Deutlich der Anteil von Schlecker-Beschäftigten aus den etwa 50 Filialen im ehemaligen Regierungsbezirk Trier: "Wir sind mit rund 25 Kolleginnen hier", sagte Birgit Koloß (48) aus Schweich (Kreis Trier-Saarburg), Bezirks- und Gesamtbetriebsrats-Chefin der Drogeriemarkt-Kette. Außer um Geld ging es den Streikenden auch ums Prinzip: "Wir demonstrieren gegen die Hinhaltetaktik der Arbeitgeber. Die haben sich bisher noch gar nicht auf uns zubewegt, sondern umfangreiche Gegenforderungen erhoben", erklärte Marlies Breser (46), Betriebsratsvorsitzende des Kaufhofs in der Simeonstraße. Insofern sei der Streik-Tag auch "ein Ventil, um Dampf abzulassen. Morgen gehen wir wieder hoch motiviert an die Arbeit". Die Streik-Auswirkungen bezeichnen die Warenhaus-Chefs als "nicht spürbar". Jürgen Jacobs vom Kaufhof in der Fleischstraße: "Aufschiebbare Aufgaben haben wir verschoben, um uns den Kunden widmen zu können. Das ist uns gelungen", bilanzierte der 40-Jährige, der sich selbst zum Kassendienst einteilte. Geschäftsführer-Kollege Thomas du Buy (42) musste "auf lediglich sieben Kräfte" verzichten, was er auf die besondere Situation des angeschlagenen Konzerns zurückführte: "Wir kämpfen um unsere Zukunft." Für die kommenden 14 Tage kündigt Dirk Reimers weitere Arbeitsniederlegungen im regionalen Einzelhandel an. Die nächste Verhandlungsrunde ist am 22. Juli in Mainz.

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