Das Bierglas wird kleiner

BITBURG. In den nächsten Jahren steht die deutsche Bierbranche vor einem erdrutschartigen Strukturwandel. Dies ist das Ergebnis mehrerer Studien, die zum Tag des Bieres von deutschen Brauern in Bitburg diskutiert wurden. Bis 2015 soll fast jede dritte der 1300 Brauereien vom Markt verschwunden sein.

"2015 wird der Pro-Kopf-Verbrauch an Bier von heute 117,5 Litern auf unter 100 Liter abgesunken sein. Die Bevölkerung wird immer älter und die Trinkgewohnheiten werden sich weiter verändern", malte Rudolf Boehlke von der Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft Ernst & Young das Ergebnis einer Studie aus. Inzwischen habe Kaffee mit einem Anteil von 22 Prozent Bier mit 17 Prozent von Platz eins auf Platz zwei der Getränke-Hitliste verdrängt. Doch selbst den zweiten Platz muss sich der Gerstensaft mit Mineralwasser teilen, und während Sprudel & Co. voll im Trend liegen, wird Bier nach Ansicht von Boehlke weiter in der Gunst der Verbraucher sinken. Andreas Schüren von Rölfs MC Partner Management Consults kommt in der Untersuchung über die mittelständischen Brauereien in Deutschland zum gleichen Ergebnis: Der deutsche Biermarkt schrumpft. Die Verlierer dieser Entwicklung werden die mittelständischen Brauer sein: Zu klein, um mit den Großbrauereien im Marketing mitzuhalten, aber zu groß, um nur im unmittelbaren Umfeld zu wirtschaften. Die beiden Wirtschaftsexperten sehen dennoch Chancen für die Vielfalt des deutschen Brauwesens. Andreas Schüren empfiehlt für die kleinen und mittleren Brauereien Einkaufs-, Vertriebs- oder Marketing-Kooperationen als Ausweg, Rudolf Boehlke gibt den Brauern den Tipp, sich nicht im Schatten der Großen zu positionieren, sondern mit dem Blick auf den eigenen Kunden ein einmaliges Image aufzubauen. Michael Dietzsch, Chef der Bitburger Getränkegruppe und Vorsitzender des Brauerbundes Hessen-Mittelrhein, sieht ebenfalls trotz des Strukturwandels Chancen: "Es gibt in allen Größenklassen Brauereien, denen es gut geht, manchen sogar sehr gut, und es gibt welche, denen es weniger gut geht." Dietzsch forderte die Politik auf, die Rahmenbedingungen nicht noch weiter zu verschlechtern. Er kritisierte die Dosenpfand-Regelung und machte die Politik für den Abbau von Arbeitsplätzen verantwortlich. Die Bitburger Gruppe wird ihre Tochter Schultheis in Weißenthurm am Rhein mit 28 Mitarbeitern schließen (der TV berichtete). Trotz aller Unkenrufe schloss Dietzsch doch optimistisch: "Wir liegen in Deutschland mit unserem Pro-Kopf-Verbrauch immer noch unter den Top drei der Welt - nach Tschechien und Irland. Dies ist eine Zahl, auf die wir stolz sein sollten!"

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