Den Karl-Marx-Bonus nutzen

TRIER. Für die Verbesserung der geschäftlichen und kulturellen Beziehungen zu China setzt sich das neu gegründete "China-Kooperationsforum Trier e.V." ein. Die Gründerväter haben große Pläne.

Der Trierer Bundestagsabgeordnete Bernhard Kaster hatte kürzlich das Glück, mit einer Kanzler-Delegation nach China reisen zu dürfen. Seither erzählt er gerne die Anekdote, wie er, nachdem bekannt wurde, aus welcher Stadt er stammt, von den chinesischen Gesprächspartnern stärker hofiert wurde als mancher Hochkaräter. Uni und ETI sollen helfen

Der Karl-Marx-Bonus, der in diesem Fall ausgerechnet einem Christdemokraten zugute kam, gehört zu den "Geschäftsgrundlagen" des neuen Kooperationsforums, das die Region Trier mit dem boomenden chinesischen Markt in Kontakt bringen soll. "Noch ist Karl Marx ein Pfund, mit dem wir wuchern können", sagt der frühere Wirtschaftsdezernent Norbert Neuhaus, der dem Vorstand des Forums angehört. Aber auch die gut verankerte und stark nachgefragte Sinologie an der Uni Trier und die bestehenden Kontakte des Europäischen Tourismus Instituts (ETI) sollen helfen, Trier zu einem Ansprechpartner für Wirtschaftsprojekte in China zu machen. Und nicht nur die Stadt Trier: "Wir zielen auf die Großregion ab", betont Bert Hallerbach vom ETI, man wolle auch Luxemburg einbinden, wo es bislang keine entsprechende Initiative gebe. Der chinesische Botschafter in Luxemburg habe bereits informell Interesse signalisiert. Für heimische Unternehmen will das Forum Fortbildungs- und Beratungsdienste anbieten und bei der Anbahnung von Geschäftskontakten helfen. Über Consulting und Seminare hinaus soll ein besonderes "Trierer Modell" entstehen: Sinologie-Studenten werden bei kooperationswilligen Betrieben der Region eingearbeitet und fungieren später als "Vertrauensleute" in China. Die Anfänge sind noch bescheiden

Bei aller Zukunftsmusik sind die Anfänge des Vereins bescheiden. Zunächst wird man in den Räumlichkeiten des ETI arbeiten, um die Kosten gering zu halten. Neben den Kooperationspartnern Uni und FH, die dem Beirat des Forums angehören, sollen weitere Institutionen, Kammern und Gebietskörperschaften angesprochen werden. Vom Land Rheinland-Pfalz ist eine größere Förderung nicht zu erwarten. Man will wohl keine Konkurrenz zu einem von Mainz geförderten Fernost-Handelszentrum in Ludwigshafen. Die Finanzierung des Kooperationsforums soll ohnehin in erster Linie privatwirtschaftlich gesichert werden, zum Beispiel durch Beratungs-Honorare. "Unternehmerische Ausrichtung" nennt das ETI-Chef Martin Fontanari. Aber auch die Akquise von Vereinsmitgliedern gehört zur Basis der finanziellen Ausstattung. Unternehmen zahlen Beiträge entsprechend ihren Umsätzen, interessierte Privatpersonen sind ebenfalls gefragt. Es gebe eine "fundierte Wirtschaftlichkeitsberechnung", versichert der Unternehmensberater Carlo Malcher, der ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern gehört. Für die Aufbauarbeit hat man ein halbes Jahr anberaumt. Die Trierer Wirtschaftsdezernentin Christiane Horsch lobt den "pragmatischen Ansatz" des Konzepts. Darin stecke eine "große Chance". Noch sei der Sprung nach China für viele Mittelständler groß. Das Forum könne als "praktische Anlaufstelle" fungieren. Im Rathaus will man bei der puren Wirtschaftsförderung nicht stehen bleiben. Auch kulturell könnte Trier einer Annäherung neue Impulse geben. Oberbürgermeister Schröer denkt sogar über eine Art Städtepartnerschaft nach.

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