Der Kampf um Azubis wird immer härter -Mehr als 300 Lehrlinge fehlen den Betrieben aktuell in der Region Trier

Trier · Kreativität ist Trumpf, Wettbewerb ist hart: Immer mehr Betriebe gehen offensiv an den Ausbildungsmarkt, um neue Azubis zu gewinnen. Denn noch gibt es aktuell in der Region 301 unbesetzte Ausbildungsstellen. Eine Tatsache, die auch Folgen für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft haben könnte.

Trier. Was manche Unternehmen alles anstellen, um an Azubis zu kommen und diese auch nach einer erfolgreichen Ausbildung zu halten, lässt erstaunen: Von speziellen Azubi-Autos und Betriebswettbewerben über Führerscheinzuschüsse und Jobzusagen bis hin zu Begrüßungsgeld reicht die Palette. "Viele Betriebe finden inzwischen keinen oder keinen geeigneten Bewerber mehr", erklärt Ulrich Schneider, Geschäftsführer Ausbildung bei der Indutrie- und Handelskammer (IHK) Trier, zur Vorstellung der Bilanz des Ausbildungsmarktes. Nur 59 Prozent der IHK-Betriebe könnten demnach alle freien Lehrstellen besetzen.Eine Karriere mit Ansage


Insgesamt gibt es derzeit noch 301 offene Lehrstellen, denen 152 unversorgte Jugendliche gegenüberstehen. Eine Lücke zwischen Angebot und Nachfrage, die sich inzwischen stabilisiert hat. "Wir tun alles dafür, dass die offenen Stellen besetzt und die Jugendlichen versorgt werden", ergänzt Heribert Wilhelmi, Chef der Trierer Arbeitsagentur. Die größte Herausforderung sei es, Betrieben ausreichend Nachwuchs anbieten zu können. Denn die Nachwuchsgewinnung stehe - wie die allgemeine Lage am Arbeitsmarkt (siehe Extra) auch - für den Wohlstand einer Region. Für den Agenturchef ist klar: "Investitionen und ausreichend ausgebildeter Nachwuchs sind der beste Schutz gegen Fachkräftemangel."
Was die Arbeitsagentur und die Wirtschaftskammer dafür tun, ist immens: In 60 allgemeinbildenden Schulen der Region sind die drei Ausbildungspartner über Orientierungsabende aktiv; in 40 regionalen Schulen sind hauptamtliche Berufseinstiegsberater unterwegs; Studienabbrecher werden im Career-Service der Trierer Hochschulen beraten; Internetplattformen, Live-Chat und Ausbildungsmessen geben Überblick und Orientierung: "Noch nie waren Schüler so umfangreich gut vorbereitet in den Beruf gestartet", bilanziert Edeltraud Nikodemus, operative Geschäftsführerin der Trierer Arbeitsagentur. Diese Vielzahl an Informationen führe jedoch auch zur Verwirrung, weshalb eine persönliche Beratung wichtig sei. Immerhin 9000 Jugenliche waren in den vergangenen zwölf Monaten bei der Agentur Trier zur Berufsberatung.
Dass das Zusammenspiel der Kammern und der Arbeitsagentur, aber auch ein größeres Bewusstsein der Betriebe für die Nachwuchsgewinnung wichtig ist, zeigen die Zahlen. Während die IHK in diesem Jahr mit 4,8 Prozent mehr Ausbildungsverträgen im Vergleich zu 2015 über dem Landesschnitt steht, hat sich die Lage im Handwerk mit einem Minus von 2,6 Prozent nochmals verschärft. "An der Ausbildungsbereitschaft liegt es nicht", sagen Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer Axel Bettendorf und Ausbildungschef Günther Behr. Allerdings sei die Nachfrage zu gering. "Da ist noch einiges zu tun", sagt Behr, vor allem bei den Betrieben, die wie Hotellerie und Gastronomie oder Nahrungsmittelgewerke unter einem schlechteren Image litten und im Wettbewerb mit "Weiße-Kragen-Berufen" oft das Nachsehen hätten.
Dennoch sehen die Kammern eine Rückbesinnung auf die duale Ausbildung: "Es sind wieder mehr Betriebe zurück auf dem Ausbildungsmarkt und bilden aus", sagt Ulrich Schneider. Und Günther Behr ergänzt: "Gute Leute haben in der Ausbildung auch gute Chancen und können eine Karriere fast nicht verhindern."Extra

Auf dem gesamten Arbeitsmarkt herrscht Ende Oktober eine freundliche Herbststimmung. Wie bereits im September ging die Arbeitslosigkeit in der gesamten Region Trier zurück. Insgesamt waren noch 10 482 Menschen ohne Job, 137 weniger als einen Monat zuvor, allerdings 176 mehr als ein Jahr zuvor. Diese Entwicklung zeichne sich bereits seit einigen Monaten ab, sagt Heribert Wilhelmi, Chef der Trierer Arbeitsagentur. Ursache dafür ist die gestiegene Zahl arbeitslos gemeldeter Flüchtlinge, die mit ihrer Anerkennung in der Arbeitslosenstatistik auftauchen. Die Arbeitslosenquote liegt Ende Oktober stabil bei 3,7 Prozent. Für Wilhelmi spiegelt sich darin einerseits die übliche saisonale Entwicklung wider: "Im Herbst finden vor allem junge Leute nach der Ausbildung einen Job." Andererseits seien die guten Werte auch auf einen insgesamt robusten Arbeitsmarkt in der Region zurückzuführen: "Die Unternehmen der Region schreiben weiterhin viele Stellenangebote aus. Die Auftragslage in den meisten Branchen ist gut. Fachkräfte werden benötigt." Die aktuelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit belegt diese Einschätzung. Mit 4733 Stellenangeboten sind 28 Prozent oder 1027 mehr freie Jobs registriert als ein Jahr zuvor. sas/red

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