Der Mann, der die Marke formte

Bitburg · Über viele Jahrzehnte hat Michael Dietzsch die Geschicke der Bitburger Braugruppe geleitet: Aus der regionalen Brauerei hat er einen bedeutenden nationalen Getränkekonzern geformt und Bit zur Premiummarke entwickelt. Heute feiert Michael Dietzsch seinen 75. Geburtstag.

 Michael Dietzsch im Garten von Haus Beda. TV-Foto: Klaus Kimmling

Michael Dietzsch im Garten von Haus Beda. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (kik), klaus kimmling ("TV-Upload kimmling"

Bitburg. "Ist so ein Museum nicht der ideale Arbeitsplatz für einen älter werdenden Herren?" Michael Dietzsch öffnet die Tür seines Büros im Haus Beda. Als Vorsitzender des Stiftungsrates der Dr.-Hanns-Simon-Stiftung arbeitet er noch fast täglich für die Kulturstiftung. An den Wänden hängen Fotos aus den vergangenen Jahrzehnten, Michael Dietzsch, gerade 40 Jahre alt, vor einer F 15. Daneben ein Foto, das ihn 20 Jahre später zeigt, diesmal vor einer F 16. Hier ein Foto, das Michael Dietzsch neben Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker zeigt, dort Dietzsch als Präsident des Deutschen Brauerbundes neben den Größen der weltweiten Brauwirtschaft. Hier erinnert jedes Bild an eine Begegnung, jedes Foto hat seine Geschichte. Und Michael Dietzsch kann von vielen Erlebnissen berichten.
"Es ist ein Gefühl, als könnte einen nichts aufhalten, der Himmel einmal unter sich, die Erde über sich und dann schon wieder umgekehrt", erinnert er sich an die Flüge mit einem US-Kampfjet. "Mit 40 ist das ein tolles Abenteuer, aber mit 60 dann auch schon eine große Herausforderung."
Herausforderungen hat der gebürtige Kölner nie gescheut. Nach seinem Abitur studierte er zunächst in Köln und in Paris. In seiner Doktorarbeit untersuchte Dietzsch die Rolle der Geldpolitik in der deutschen, sozialen Marktwirtschaft im Vergleich zur französischen Planification. "Ein Thema, das auch heute höchste Brisanz hat." Seine ersten beruflichen Meriten verdiente er sich als junger Mann in Düsseldorf bei Henkel. Der Konzern schickte ihn nach Paris. Doch schon Anfang der 70er wechselte er nach seiner Heirat zur Bitburger. "Es war schon ein kleiner Kulturschock, als ich in die Eifel kam. Köln, Düsseldorf, Paris und dann Bitburg", erinnert sich Dietzsch heute schmunzelnd. "Doch ich habe die Eifel lieben gelernt und liebe sie bis heute." Die Natur, die Jagd, die Menschen und natürlich die Arbeit bei der Bitburger Brauerei haben ihm dies einfach gemacht.
"Wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig", verrät Michael Dietzsch sein Lebensmotto. Und so ist er auch seine Aufgaben in der Eifel angegangen. "Bitburger war damals eine regionale Brauerei, doch das Ziel war es, aus dem Unternehmen eine nationale Marke zu machen", sagt der ehemalige Bit-Chef.
1971 stieg Michael Dietzsch in den Betrieb seines Schwiegervaters Hanns Simon ein. Bereits zwei Jahre später erhielt er Prokura und wurde zum Geschäftsführer der GaBit GmbH, einem Kölner Brauereiabfüllbetrieb, ernannt. Parallel dazu übernahm er Anfang 1975 gemeinsam mit seinen Schwägern Axel Th. Simon und Thomas Niewodniczanski die Geschäftsführung der Bitburger Brauerei in sechster Generation.
Für Michael Dietzsch war es von Anfang an klar, wie er aus Bitburger eine nationale Premiummarke machen konnte. Er setzte als verantwortlicher Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb auf nationale Werbung, etwa in Illustrierten und Magazinen wie dem Stern, Quick, der Bunte und dem Playboy. Ein neues Etikett für Bit fand den Gefallen von Theo Simon. "Es war in den Anfangsjahren eine schöne Zusammenarbeit. Er sah das Etikett, stimmte zu und sagte: ,Mach\' mal.\'" Die Verdienste von Michael Dietzsch zum Aufstieg von Bit zur Premiummarke sind groß. Mit seinen Werbe- und Sponsoringkonzepten entwickelte und festigte er rasch das Image des Premium-Pils, erhöhte den Bekanntheitsgrad der Marke und steigerte damit den Absatz. Ein besonderes Highlight: 1994 stieg Bitburger als Sponsor des Teams Benetton-Renault in die Formel 1 ein: Im gleichen Jahr fuhr Michael Schumacher mit Bit zum Weltmeistertitel und wiederholte den Überraschungserfolg 1995. Heute sorgen unter anderem die Partnerschaften mit dem Deutschen Fußball-Bund und dem Nationalen Olympischen Komitee für einen hohen Bekanntheitsgrad der Marke.
Doch den Grundstein für diese Entwicklung legte Michael Dietzsch viel früher. "Zunächst habe ich ein Vertriebsteam für die Gastronomie aufgebaut, damit sich die Marke Bitburger im Fassbierbereich entwickelt." Danach suchte sich Dietzsch den Fachgetränkegroßhandel als Partner und stellte sich so gegen die großen Stadtbrauereien und Großbrauereien auf. "Ich habe in dieser Zeit viele, gute Kontakte zu Geschäftspartnern und so manche Freundschaft aufgebaut", erinnert sich der ehemalige Bit-Frontmann. Über das Formel-1-Engagement lernte er Flavio Briatore kennen und schloss mit ihm den Vertrag mit Benetton und Michael Schumacher ab. Kurze Zeit später saß Willi Weber, Michael Schumachers Manager, im Büro von Michael Dietzsch. "Der wollte zunächst mal einen Apfelkuchen und dann mit mir verhandeln. Doch ich hatte mit Briatore schon die Verträge abgeschlossen. Wir hatten den Bit-Schriftzug werbewirksam an der Seite des Weltmeisterautos von Michael Schumacher." Als der Formel-1-Star zu Ferrari wechselte, habe er noch kurz überlegt, ob die Brauerei mit wechselt. "Ich habe mit Jean Todt verhandelt, doch eine kleine Ecke auf dem roten Ferrari war für uns nicht interessant." Dem Formel-1-Engagement folgt eine nicht minder werbewirksame Phase - die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fußball-Bund. "Es war ein langer Weg. Zunächst haben wir mit Günter Netzer einen Vertrag über Bandenwerbung bei Länderspielen abgeschlossen und uns so empfohlen." Für ihn persönlich hatte die Freundschaft zu DFB-Präsident Egidius Braun große Bedeutung. Braun gratulierte persönlich zum 60. mit einem Ball und vor allem die gemeinsamen Reisen mit dem DFB-Team in die Ukraine, nach Saudi-Arabien und in den Oman wird Michael Dietzsch nie vergessen: "Es waren einmalige, herausragende Erlebnisse."
Dies dürften sicher auch viele britische Brauer über die Begegnung mit dem Bit-Chef sagen. Als Präsident des Deutschen Brauerbundes (1993 bis 1999) wurde Michael Dietzsch als Ehrenmitglied des britischen Brauerbundes aufgenommen und musste den Eid auf Queen Elisabeth II leisten. "Das tat ich mit voller Überzeugung, überraschte die britischen Brauer aber mit dem nicht im Protokoll stehenden Zusatz: "weil sie (die Queen) auch von deutschem Blut ist". Zeit seines Lebens war und ist Michael Dietzsch auch ein Mensch mit klaren Vorstellungen und Ecken und Kanten, wie so mancher Mitstreiter erfahren konnte. "In meiner Anfangsphase bei Bitburger fragte mich einmal der Geschäftsführer einer Großbrauerei, ob es denn etwas Besonderes sei, eine Privatbrauerei zu sein, weil wir dies auf unserem Etikett hervorgehoben hatten. Klar, sagte ich, der Unterschied ist, dass wir als Privatbrauerei eine bessere Bilanz haben", erinnert sich Dietzsch an so manchen Grabenkampf in der Branche.
Als Kommunalpolitiker setzte er ein Zeichen, als er sich den Plänen seiner Partei für den Neubau einer Stadthalle mit integriertem Einkaufszentrum widersetzte. "Ich trat als CDU-Beigeordneter zurück und habe damit das unsinnige Projekt verhindert."
Seiner Freundschaft mit dem CDU-Urgestein im Eifelkreis, Michael Billen, tat dies keinen Abbruch. Die beiden Jäger verbindet vieles. Auch die Erinnerung, dass die Frau von Michael Dietzsch den beiden nicht die Tür aufmachen wollte, als sie mit dem Motorrad nach einem Geburtstag von Michael Dietzsch zurückkamen. "Sie hat die beiden Kerle mit Motorradhelmen nicht erkannt", lacht er in Erinnerung an den Abend.
Seinen Spaß hatte der Bitburger aber auch mit dem damaligen Ministerpräsidenten von NRW. Auf einem Flug von Köln-Bonn nach Berlin saß Wolfgang Clement neben Dietzsch. Beide reisten zur Eröffnung des ARD-Hauptstadtbüros, in dem Bitburger die Gäste bewirtet.
Clement bat den Bit-Chef, den Platz doch für seinen Sicherheitsbeamten freizumachen. "Ich sagte zu, musste ins Cockpit auf den Notsitz, rang aber dem Ministerpräsidenten ab, dass dieser dafür im Hauptstadtbüro Bitburger zapft." Das tat er dann auch, gemeinsam mit dem damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck. Für den Marketing-Chef ein Hit, das entsprechende Bild der zwei MPs beim Bitzapfen wurde im Kölner Express veröffentlicht.
1999 wechselte Michael Dietzsch von der Brauerei zur Holding. Als Vorsitzender der Geschäftsführung der Bitburger Getränke Verwaltungsgesellschaft mbH bestimmte er die strategische Ausrichtung der Gruppe. Der Kauf der Licher-Brauerei und Königsbrauerei sind nach seiner Ansicht die wichtigsten Zukäufe. "Mit Wernesgrüner und Köstritzer, Licher und König ist die Bitburger mit je einer Brauerei in fünf Bundesländern. Strategisch ist das eine hervorragende Lage."
Eine besondere Beziehung hatte Michael Dietzsch immer zu den USA und den amerikanischen Streitkräften. Mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Elke Leonhard und dem Bitburg-Prümer Landrat Roger Graef brachte Michael Dietzsch die Freundschaft in Schwung. In den Vereinigten Staaten Lobbyarbeit für die Airbase Spangdahlem machen - mit diesem Ziel gründeten regionale Politiker und Unternehmer 2003 den "Host Nation Council Spangdahlem", dem der ehemalige Bit-Chef bis 2013 vorstand.
Historie und Histörchen: Michael Dietzsch hatte stets viel zu sagen und wurde oft geehrt: 1992 erhielt er unter anderen Auszeichnungen das Bundesverdienstkreuz am Bande. Die Universität Trier ernannte ihn 1995 zum Ehrensenator. 1999 wurde er für seine Verdienste um Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Heute, zum 75., kommen noch viele Glückwünsche von Weggefährten dazu.

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