Der Schatz aus der Tiefe

Der Gerolsteiner Brunnen sieht schwere Zeiten auf den deutschen Mineralwasser-Markt zukommen. Doch statt wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren, will Gerolsteiner-Chef Axel Dahm mit seinen Mitarbeitern den "Brunnen" sturmfest machen. Bis 2012 will das Unternehmen seine Position festigen, danach wieder wachsen.

Gerolstein. Erst vor wenigen Wochen hat der Gerolsteiner Brunnen sich mit dem Betriebsrat über einen Beschäftigungspakt geeinigt. Rund 30 Arbeitsstellen werden sozialverträglich abgebaut, für die übrigen rund 700 Mitarbeiter gibt es bis 2012 eine Beschäftigungsgarantie.

Gerolsteiner-Chef Axel Dahm will mit diesem "Bündnis" für die Zukunft gerichtet sein: "Der Umbruch im Markt ist mehr oder weniger abgelaufen. Der Anteil der Qualitätswasser ist in den letzten fünf Jahren von 75 Prozent auf rund 25 Prozent gesunken."

50 Prozent des Marktes liegen bei Discountern



Inzwischen werden zudem rund 50 Prozent des Mineralwassers über Discounter verkauft. Auch Gerolsteiner hat mit Absatzeinbrüchen zu kämpfen. Die Marke mit dem Stern im Emblem ist zwar weiter Marktführer in Deutschland, doch diese Position "gilt es zu verteidigen", sagt Dahm.

So sieht Gerolsteiner sich als Premium-Produkt in einer schwierigen Situation. "Qualitätswasser, das ist Fluch und Heil in einem", sagt Dahm. Doch mit neuer Werbekampagne und -strategie sucht der Gerolsteiner Brunnen den Weg nach vorne. "Es ist Zeit für die Qualitätswässer, wieder an Markt zurückzugewinnen." Dabei setzt der Getränkekonzern auf eine "Aufklärungs-Kampagne", will "Botschafter des Mineralwassers" sein. Die Form ist durchaus ungewöhnlich: "Wir umwerben den Konsumenten nicht, wir informieren ihn und geben ihm die Chance, sich das Thema selbst zu erarbeiten", sagt Marketingleiter Marcus Macioszek. Die Kampagne ist dabei klar gegliedert: Ursprung (Vulkaneifel), Mineralien, Gesundheit, Geschmack sind die Themen, die Gerolsteiner sich auf die Fahnen geschrieben hat.

Die Aktion habe schon nach wenigen Wochen hervorragend eingeschlagen. Genaue Zahlen, wie viel Gerolsteiner investiert, nennt das Unternehmen nicht. "Es ist weniger als wir in der Vergangenheit jährlich für Sponsoring und Werbung ausgegeben haben", sagt Unternehmens-Chef Dahm lediglich. Doch die Investition scheint sich zu lohnen: Kaum am Markt, geben 19 Prozent der Befragten in einer repräsentativen Umfrage an, dass sie die neue Gerolsteiner-Informationskampagne kennen. Was auf den ersten Blick bescheiden wirkt, ist für Experten ein ausgezeichneter Wert. Unilever, einer der weltgrößten Lebensmittelkonzerne, oder McDonald's kommen mit ihren neuen Werbemaßnahmen auf 17 Prozent. "Wir sind selbst überrascht, wie hervorragend und schnell die Kampagne wirkt", sagt Marketing-Chef Marcus Macioszek. "Unser Ziel, die Qualität von Gerolsteiner her auszustellen und sich von den Wettbewerbern abzuheben, funktioniert", laut Macioszek.

Dem Kunden will man dies nahebringen, indem er etwas über den Ursprung des Mineralwassers erfährt und dann über die Zusammensetzung und den günstigen Mineralien-Anteil. "Wir produzieren kein Lebensmittel. Wir heben einen ungeheuren Schatz", erklärt Brunnen-Chef Axel Dahm.

Dabei hofft der Brunnen aus der Eifel, dass zumindest noch andere Premiumwasser mit auf den "Qualitäts-Zug" aufspringen. "Wir haben es als Branche lange verpasst, unsere Qualität und Besonderheit für den Konsumenten herauszustellen. Wasser ist nicht Wasser, da gibt es große Unterschiede." Nun brauche man einen langen Atem.

Doch für die Verantwortlichen in Gerolstein gibt es keinen anderen Weg. "Wir haben seit rund acht Jahren die Preise nicht erhöht. In der Wahrnehmung der Verbraucher mag das anders wirken, weil so viele billige Wasser auf den Markt drängen", sagt Dahm und ist sich sicher: "Gerolsteiner ist Deutschlands beliebtestes Mineralwasser."

Der Export soll wachsen



Um die Marktführerschaft zu behaupten und Anteile zurückzugewinnen, hat der Konzern dabei auch den Export im Auge. "Unser Qualitätsanspruch kommt etwa in Japan, wo die Menschen sehr viel Wert auf Lebensmittel legen, bestens an", erklärt Marketing-Stratege Macioszek. Bisher verkauft Gerolsteiner rund fünf Prozent seines Wassers ins Ausland, vor allem in die USA und nun verstärkt nach Japan. Mittel- bis langfristig soll dieser Anteil deutlich steigen.

Für die Führungscrew ist die Marschrichtung klar: Gerolsteiner will seinen "Schatz aus der Tiefe" weiter vergolden.

extra 2008 setzte Gerolsteiner 6,5 Millionen Hektoliter Getränke ab, vier Prozent weniger als 2007. Dennoch bleibt Gerolsteiner Marktführer in Deutschland. Mit rund 16 Prozent Marktanteil behauptet das Unternehmen aus der Eifel weiter seine Spitzenposition unter den Qualitätswassern. Der Umsatz sank um 2,5 Prozent auf 197 Millionen Euro.

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