"Die Zeche zahlen die Bauern"

PRONSFELD. Es brodelt in der Eifel: Der Widerstand der Milchbauern gegen die geplante Fusion der Milchunion Hocheifel (Muh) in Pronsfeld (Kreis Bitburg-Prüm) mit der Humana-Milchunion wächst. Insider gehen davon aus, dass die Kooperation platzen wird.

 Trotz des wachsenden Protests der Milchlieferanten ist Rainer Sievers optimistisch, dass die Fusion von Milch-Union Hocheifel (Muh) und Humana zu Stande kommt. Foto: TV-Archiv/Fritz-Peter Linden

Trotz des wachsenden Protests der Milchlieferanten ist Rainer Sievers optimistisch, dass die Fusion von Milch-Union Hocheifel (Muh) und Humana zu Stande kommt. Foto: TV-Archiv/Fritz-Peter Linden

Nervös ist Rainer Sievers nicht. Zumindest lässt sich der Muh-Chef nichts anmerken. Dabei hätte er allen Grund dazu. Denn die vor drei Wochen überraschend verkündete Fusion mit dem Milchriesen Humana im nordrhein-westfälischen Everswinkel ist längst nicht eingetütet. Es liegt noch kein Konzept für die künftige Zusammenarbeit auf dem Tisch. Das soll erst im Frühjahr vorgelegt werden. "Wir wollen nichts überstürzen", sagt Sievers. Erst müssten die Voraussetzungen für eine Fusion geschaffen werden. "Wir tun, was wir sowieso tun wollen und müssen", sagt Humana-Geschäftsführer Albert Große Frie auf TV-Anfrage. Konkret: Der Partner aus Nordrhein-Westfalen muss umstrukturiert werden und seine Eigenkapitaldecke erhöhen. Das werde eine "Quälerei", prophezeit Sievers. Branchenkenner kritisieren bereits seit längerem das undurchsichtige Firmengeflecht von Humana, das angeblich nur noch von Große Frie durchschaut wird. Die Genossenschaft hat rund 6000 Lieferanten (bei der Muh sind es rund 2600), fünf Tochterunternehmen an zwölf Standorten und ist an 29 Gesellschaften beteiligt. Knackpunkt ist die im Verhältnis relativ geringe Kapitaldecke: Die Eigenkapitalquote beträgt gerade mal 26 Prozent, bei der Muh sind es über 40 Prozent. Und da wäre noch der Milchpreis. Der Auszahlungspreis liegt bis zu zwei Cent unter dem der Muh. Trotzdem sei er "sehr zuversichtlich", sagt Rainer Sievers, dass die Fusion spätestens im Frühjahr 2008 über die Bühne gehe. Insider halten das für sehr optimistisch. Bereits vor zwei Jahren scheiterte eine Fusion von Humana. Die Molkerei wollte damals den Branchenprimus Nordmilch (Bremen) übernehmen. Der Zusammenschluss platzte, weil Humana sich angeblich weigerte, dem künftigen Partner die Konzernbilanz offen zu legen. Keine guten Voraussetzungen also für die nun geplante Fusion mit den Eifelern. Verständlich also, dass die Unruhe unter den Lieferanten der Muh wächst. Kaum ein Tag vergehe, wo nicht Muh-Milchbauern beim Konkurrenten Hochwald in Thalfang (Kreis Bernkastel-Wittlich) anklopften, heißt es von dort. Die Landwirte sind sauer. "Wir fühlen uns absolut überfahren und vom Informationsfluss abgeschnitten. Eine Fusion war nie ein Thema, und nun werden wir vor vollendete Tatsachen gestellt", sagt Manfred Bonn, Mitglied der 154-köpfigen Vertreterversammlung der Muh aus Much im Bergischen Land in Nordrhein-Westfalen. Er rechnet damit, dass der Milchpreis der Eifeler um zwei Cent nach unten geht, dass der Standort Pronsfeld auf Dauer nicht zu halten ist und die Konzerzentrale irgendwann in Nordrhein-Westfalen liegen wird.Vor Entscheidung ist Humana am Zug

Ohnehin wird seit einigen Tagen darüber spekuliert, wer wen bei dem geplanten Zusammenschluss übernimmt. Für die um ein Vielfaches größere Humana biete die Fusion viel mehr Chancen als für die Muh, sagen Branchenkenner. Immer mehr Landwirte gehen davon aus, dass die Vertreterversammlung dem Zusammenschluss nicht zustimmen wird. Muh-Vertreter Hermann Schwalen aus Leidenborn (Kreis Bitburg-Prüm) schätzt die derzeitige Stimmung für eine Fusion als "eher fraglich" ein. Rund 95 Prozent der Muh-Lieferanten wäre eine rheinland-pfälzische Lösung mit den Nachbarn in Thalfang lieber. "Man sagte uns; Hochwald und Muh passten nicht zueinander - was aber niemand nachvollziehen kann", sagt Schwalen. Doch sieht er vor einer letzten Entscheidung der Bauern zunächst Humana am Zug: "Wenn das Unternehmen bis zum Frühjahr keine Anstrengung unternimmt, brauchen wir auch nicht weiter zu diskutieren." Für seinen Vertreter-Kollegen Bonn ist jetzt schon klar: "Eine Fusion kostet nur Geld. Die Zeche zahlen wir Bauern als Mitglied der Genossenschaft." Der Landwirt, der vor fünf Jahren nach der Fusion der Milchwerke Köln/Wuppertal mit Campina zur Muh wechselte, will mit seinen Kollegen "alle Hebel in Bewegung setzen, eine Fusion zu verhindern". Doch nicht nur auf die Molkerei-Chefs sind die Bauern sauer, auch auf ihre eigenen Funktionäre. Es sei "verantwortungslos", sagt ein weiteres Mitglied der Vertreterversammlung, dass der Bitburg-Prümer Bauern-Chef Michael Horper die Ankündigung der Fusion mehr oder weniger kritiklos hingenommen habe.

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