Die unendliche Dosen-Geschichte

Berlin. Das Dosenpfand verstößt gegen europäisches Recht und muss geändert werden: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied, dass die Regelung den freien Warenverkehr in Europa behindert. Der Bundesrat will am Freitag Veränderungen beschließen, die deutsches und europä- isches Recht miteinander versöhnen sollen.

Das deutsche Dosenpfand beschäftigt weiter die Gemüter. Nachdem der Bundesrat am 15. Oktober nach sechs Anläufen und jahrelangem Gezerre die Änderungen zur "Dritten Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung" beschlossen hatte, schien das "Drama" (Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf, CSU) eigentlich beendet. Doch weil damals ein wichtiger Aspekt, die so genannte Insellösung, keine Mehrheit fand, zudem noch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ausstand, war ein weiteres Nachbessern bereits absehbar. Nach dem Urteil der Luxemburger Richter wird sich der Bundesrat an diesem Freitag abermals mit dem zähen Endlos-Thema befassen müssen. Zugleich deutete sich an, dass der Einzelhandel und die Opposition noch immer keine Ruhe geben wollen. Nach Auffassung des EuGH muss die geltende Verpackungsverordnung korrigiert werden, weil sie gegen das Prinzip des freien Warenverkehrs verstößt. Außerdem sei die Frist zur Umstellung zu knapp bemessen gewesen. Französische und österreichische Mineralwasser-Produzenten hatten sich durch die deutsche Pfandregelung benachteiligt gesehen. Den europäischen Anforderungen hat die Bundesregierung teilweise bereits Rechnung tragen, indem Umweltminister Jürgen Trittin (Die Grünen) in seiner Novelle die Insellösung gestrichen hat.Bundesrat muss noch zustimmen

Bereits am 25. November hatte der Bundestag (bei Enthaltung der Union) diese Änderung gebilligt. Jetzt fehlt noch das Okay des Bundesrates, der nach Lage der Dinge ebenfalls geneigt ist, mehrheitlich zuzustimmen. Der federführende Umweltausschuss hat sich jedenfalls mit zehn zu vier Stimmen (zwei Enthaltungen) für die Annahme ausgesprochen. Bayerns Staatsminister Erwin Huber (CSU) zeigte sich gestern schon mal optimistisch: Die Insellösung, wonach etwa Handelsketten nur ihre eigenen Verpackungen zurück nehmen mussten, gehöre bald der Vergangenheit an, sagte er in der ARD. Nach einer Übergangslösung, die vermutlich bis 2006 verlängert wird, werde es endgültig eine verbraucherfreundliche Pfandlösung geben. Und die sieht so aus: Die Pfandpflicht wird künftig generell für alle Getränkeverpackungen zwischen 0,1 und 3,0 Liter gelten. Einheitlicher Pfandbetrag: 25 Cent. Ausgenommen sind lediglich "ökologisch vorteilhafte Verpackungen" (Kartons, Schlauchbeutel) sowie Milch, Fruchtsäfte und Wein. Die Insellösung wird offiziell abgeschafft, bleibt aber ansatzweise vorhanden: Ein Geschäft, das nur Glasflaschen anbietet, muss auch künftig keine Kunststoffflaschen (PET) annehmen.Handel kritisiert Entscheidung

Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Die Grünen) ist sicher, diesmal auf der sicheren Seite zu sein. Entsprechend ließ er gestern erklären, der EuGH habe das deutsche Dosenpfand bestätigt und "grünes Licht für die Neuregelung der Pfandpflicht" gegeben. Das sieht die Umweltexpertin der FDP, Birgit Homburger, indes anders: Auch die jetzt vorliegende Novelle sei "absehbar europarechtswidrig". Da Schnellschüsse für die Unternehmen fatal wären, müsste die Verordnung nach dem EuGH-Urteil erst einer "sorgfältigen Prüfung" unterzogen werden, verlangte Homburger. Doch davon wollen weder Bund noch die meisten Länder etwas wissen. Sie haben die Nase voll vom ewigen Gezerre um das Dosenpfand. Nicht so der Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE), der über seinen Geschäftsführer Hubertus Pellengahr die Verschiebung der Entscheidung mit der Begründung forderte, auch die neue Regelung verstoße gegen EU-Recht. Allerdings äußerte sich der zuständige EU-Kommissar Günter Verheugen am Dienstag nicht in diesem Sinne. Die EU-Kommission begrüße Pfandsysteme im Interesse des Umweltschutzes. Zugleich hieß es in Brüssel, die vorgesehenen Änderungen der Verpackungsverordnung würden als ausreichend betrachtet und entsprächen offensichtlich dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Die Kommission werde deshalb aller Voraussicht nach keine neue Klage gegen die Bundesrepublik anstrengen.

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