Durchblick im Kredit-Wirrwarr

TRIER. Viele Unternehmen leiden unter Zahlungsschwierigkeiten. Doch Kredite sind nicht mehr so einfach zu haben. Zudem verhindert ihre Tilgung neue Investitionen. Hoffnung hegen Unternehmer nun im Zusammenhang mit Bürgschaftskrediten. Sie auszulagern sichert den Betrieben Liquidität und den Banken solventere Kunden.

Das Metier der Bürgschaftskredite ist so kompliziert, dass sich selbst gewiefte Bänker und Betriebswirte damit schwer tun. Dabei gewinnt das Thema in Zeiten schwindender Eigenkapitalquoten zunehmend an Bedeutung - einmal für den Erhalt von Unternehmen und Arbeitsplätzen, zum anderen für die Zukunftssicherung durch Investitionen.Wenig Spielraum für Banken und Firmen

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Stahlbau-Unternehmen mit etwa 4,5 Millionen Euro Umsatz benötigt einen Bürgschaftskredit über 450 000 Euro. Insgesamt bewertet seine Bank die Kreditlinie mit 1,1 Millionen Euro. Wenig Spielraum mehr für die Banken mit weiteren Krediten, wenig Spielraum auch für den Stahlbauer bei der Hinterlegung von Sicherheiten oder auch bei der Nachfolge-Regelung. Würde die Bürgschaft ausgelagert, wären für einen Gewährleistungskredit (siehe Kasten) bei einem speziellen Versicherer nur zehn Prozent der 450 000 Euro, also 45 000 Euro, zu finanzieren. Die Kreditlinie verringerte sich auf 695 000 Euro, mehr Liquidität könnte ausgeschöpft werden, beispielsweise für Lohnzahlungen oder um fällige Rechnungen früher auszahlen zu können. Dies hätte auch den Vorteil, dass ein Skonto, also eine Ermäßigung für die frühere Begleichung der Rechnungen, gewährt werden könnte. "Diese Erleichterung, Bürgschaften auszulagern, kennt kaum jemand. Noch werden 90 bis 95 Prozent aller Bürgschaften bei Banken abgeschlossen", sagt Alfons-Maria Gracher. Der Trierer Kreditmakler ist einer von sieben bundesweit aktiven Spezialisten für Kautionsversicherungen. Bürgschaften werden vor allem im Maschinenbau und in der Baubranche mit hohen Projektsummen für die Auftraggeber fällig - für Anzahlungen, Vertragserfüllung und Gewährleistung. "Doch auch der private Häuslebauer verlangt immer häufiger Bürgschaften für die Vertragserfüllung und Gewährleistung", sagt Gracher. Schließlich gingen immer wieder Bauunternehmer in Insolvenz. "Bürgschaften sind ein Zwitterprodukt zwischen Banken und Versicherern", sagt der gelernte Bänker, der seine Bezahlung aus der Bürgschaftsprämie erhält. Er verhandele wie die Institute auch - allerdings unter Berücksichtigung anderer Kreditrisiken und mit allen fünf Spezial-Anbietern deutschlandweit. "Ohne eine entsprechende Bonität und die Vorlage der Bilanzen geht gar nichts", stellt Gracher auch klar. Doch diese Zwischenstellung macht das Thema "Bürgschaftskredite" nicht nur zum Nischenprodukt, sondern auch schnell zur Grauzone. "Immer wieder gibt es dubiose Anfragen von Unternehmen", sagt der 37-Jährige, der europaweit 200 Unternehmen mit einer Betreuungssumme von 150 Millionen Euro unter Vertrag hat. Das schlechte Image seiner Branche macht ihm kaum mehr zu schaffen, suchen doch selbst deutsche Großbanken inzwischen Grachers Rat. Derzeit verhandelt der Trierer für den französischen Bauverband Bürgschaftskredite über 300 Millionen Euro aus. Auch Fluggesellschaften aus Deutschland, Versicherungen aus den Niederlanden und Stahlhändler aus Russland klingeln an seiner Tür. Doch von da aus schielt er derzeit lieber nach Luxemburg, wo es (noch) keinen national zugelassenen Kautionsversicherer gibt. Schließlich wird im Tankparadies für jeden eingeführten Liter Sprit Zoll und Steuer fällig. Die Zoll- und Steuerbürgschaft beträgt im Schnitt 400 000 Euro, Zoll und Steuer von etwa einem Monat. Eine Summe, die für manchen Mittelständler den Jahresumsatz ausmacht. Derzeit werden diese Bürgschaften von lokalen Banken gestellt, die eine 100-Prozent-Hinterlegung meist in Form von Festgeld eines deutschen Geldinstitutes verlangen. Für Gracher ein neuer Markt direkt vor der Haustür.

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