Ein Jubiläum als Versprechen für die Zukunft

Trier · Vor 125 Jahren, 1891, hat sich der Deutsche Metallarbeiter-Verband gegründet. Aus diesen Ursprüngen ist später die Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) hervorgegangen. Dieses Jubiläum wird am Mittwoch, 16. November, in Trier gefeiert, wenn auch die Wurzeln in der Region nicht ganz so tief reichen.

Trier. Vor der großen Feier hatte Christian Z. Schmitz einiges an Arbeit vor sich. Die Gästeliste mit prominenten Rednern wie Hans-Jürgen Urban, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, Sozialstaatssekretär David Langner und OB Wolfram Leibe steht schon lang, doch der IG-Metall-Bevollmächtigte musste sich durch viele Archive und Sammlungen wühlen, um mehr Licht in die Geschichte der IG Metall in der Region zu bringen. "Die Geburtsstunde der Gewerkschaft Deutscher Metallarbeiterverband (DMV) liegt in der Region wohl im Jahr 1904", hat Schmitz herausgefunden. Dabei gibt es leider keine direkten Quellen mehr. Auf das Datum ist der IG-Metall-Chef in der Region über Umwege gestoßen. 1904 wurde in Trierer das Walzwerk eröffnet, und für das zweite Halbjahr sind Zahlungen von 733 Reichsmark an die zentrale Gewerkschaftskasse belegt. Ebenso wie Luxemburg (955 Reichsmark) ist Trier als "neue Verwaltung" vermerkt. Bis Juni 1904 hatte die Vorgängerorganisation der IG Metall 20 Mitglieder, ab 30. September waren es bereits 34 Gewerkschafter in Trier. Ansonsten liegt vieles aus den ersten Jahren der Gewerkschaft im Dunkeln.
Matthias Theisen war der erste Bevollmächtigte der Gewerkschaft, und von 1919 hat Schmitz eine Reihe von Protokollen von Gewerkschaftssitzungen gefunden. "In vielen geht es um alltägliche Belange - wie die Sitzverteilung der einzelnen Gewerkschaften im Betriebsrat des Walzwerks", berichtet Christian Z. Schmitz von seinen Recherchen. Doch so mancher Vermerk erzählt Trierer Geschichte: Am 27. Oktober heißt es in einer Notiz: "Das Trierer Walzwerk muß wegen Mangel an elektrischem Strom, der auf das Fehlen von Kohle beim Elektrizitätswerk zurückzuführen ist, stillgelegt werden. 1000 Arbeiter werden arbeitslos. Die Ortsverwaltung des DMV (M. Theisen) beantragt bei der Stadtverwaltung die Zahlung von Erwerbslosenunterstützung (pro Tag 5 bis 12 Mark)." Die IG Metall in Trier hat aber auch noch eine zweite Säule - den Holzarbeiterverband in Trier, der später mit den Metallern die Basis der IG Metall ist. Wie ihre Metallkollegen kämpft der Holzverband um bessere Arbeitsbedingungen und gerechten Lohn. 1920 wird deren Geschäftsführer zu vier Monaten Gefängnis verurteilt, weil er einen Streikbrecher am Betreten der Arbeitsstelle gehindert hatte. 1927 bezieht der DMV seine Geschäftsräume in der Petrusstraße 16 (zuvor Nagelstraße 10), in der er bis ins Jahr 2001 bleibt, bevor man ins Haus der Gewerkschaften in der Herzogenbuscher Straße zieht. Die Gewerkschaft wird dann 1933 von den Nationalsozialisten zerschlagen, die alle freien Gewerkschaften verbieten. Unter den Nazis wurden viele Gewerkschafter verfolgt und mussten unter Repressionen leiden.
Neuanfang


1950 nimmt die IG Metall als Einheitsgewerkschaft in Westdeutschland ihre Arbeit auf. Während die Gewerkschaft deutschlandweit wieder in den Industriezentren schnell zur wichtigen Arbeitnehmervertretung aufsteigt, fristet sie in der Region Trier lange Jahre ein Schattendasein. "In den 80er Jahren hatten wir etwa 1600 Mitglieder in der Region, heute sind es fast 6000", berichtet Christian Z. Schmitz. Für die positive Entwicklung sehen viele IG Metaller einen Streik an. Damals zogen zum ersten Mal in Trier streikende IG Metaller mit Fahnen und Transparenten durch die Porta Nigra. Mitarbeiter der Trierer Firma Laeis waren in einen Warnstreik getreten. 1978 ging es um einen höheren Urlaubsanspruch. Wochenlang wurde gestreikt, erst 1981 war in den ersten Branchen der Sechs-Wochen-Urlaub erreicht. Eine Aktion mit großem Symbolcharakter. Der damaligen IG-Metall-Chef Gerd Krüger erinnert sich: "Es war für diese Generation so was wie die Geburtsstunde der Gewerkschaften in der Region, ein Weckruf, der durch die Region hallte."
Und Christian Z. Schmitz: "Im tief katholisch geprägten Trier war diese Aktion ein Affront. Doch daraus ist bei den Metallarbeitnehmern auch ein großes Selbstbewusstsein erwachsen."
Selbstbewusstsein und Solidarität sind für den IG-Metall-Chef wichtige Komponenten der Gewerkschaftsarbeit. "Es ist wichtig, den Arbeitnehmern eine starke Stimme zu geben, es ist wichtig, dass sie in schwierigen Zeiten Solidarität erleben, wie vor kurzem die Mitarbeiter von Franklin Electric.
Vieles von dem, was für heutige Arbeitnehmer der Normalfall ist, wurde von der Gewerkschaft und ihren Mitgliedern in der Vergangenheit erkämpft.
"Altersversorgung, Gesundheitsschutz oder die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind nur drei Themenschwerpunkte, die man beispielhaft nennen kann", sagt Schmitz. Die Mitbestimmung in den Betrieben trage ihre Früchte bei der Humanisierung der Arbeitswelt. Die Aufgaben werden den Gewerkschaften auch in Zukunft nicht ausgehen, ist sich IG-Metall-Chef Schmitz sicher.Extra

Mit knapp 2,3 Millionen Gewerkschaftsmitgliedern ist die IG Metall weltweit die größte Einzelgewerkschaft. Gegründet wurde die Arbeitnehmervertretung am 5. Juni 1891 noch als Deutscher Metallarbeiter-Verband (DMV). Im Kaiserreich hatte es schon zuvor Arbeitervereine gegeben, doch erst nach Aufhebung der Bismarck'schen Anti-Sozialistengesetze konnten sich die verschiedenen Berufsgruppen wie Klempner, Schlosser, Maschinenbauer oder Feilenhauer zu einer Metall-Industriegewerkschaft zusammenschließen. Im Nachkriegsdeutschland kämpfte die Gewerkschaft erfolgreich gegen die Sechs-Tage-Woche mit 55 Arbeitsstunden oder den Norm-Urlaub von 15 Tagen im Jahr. Die Gewerkschaft schließt Tarifverträge für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie ab, aber auch für Stahlkocher, Textil- und Holzarbeiter oder IT-Beschäftigte. hw

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