Eine Stimme für die Wirtschaft

TRIER. Der Umzug nach Castelforte, der zweimalige Wechsel in der Geschäftsführung und der Wandel zu einem Dienstleister: An all diesen Entwicklungen der Trierer Industrie- und Handelskammer (IHK) hat Wolfgang Natus entscheidend mitgewirkt. Seit 15 Jahren ist er ihr Präsident.

In anderthalb Jahrzehnten passiert eine Reihe von Dingen. Welches sind die wichtigsten Ereignisse in ihrer Präsidentschaft?

Natus: Da sind das Projekt Castelforte und der Umzug in den Trierer Norden im Jahr1999 - ein finanziell gewagtes Projekt. Da galt es einen richtigen Kraftakt zu bewältigen. Außerdem war mein Bestreben von Anfang an, die IHK von einer behördenähnlichen Institution zum reinen Dienstleister für Betriebe zu machen und die problematischen Finanzen in Ordnung zu bringen.

Ist Ihnen das auch gelungen?

Natus: Unterm Strich ja. Die Mitgliedsfirmen halten diese Umstellung für erforderlich, und inzwischen werden wir auch so wahrgenommen. Damit liegen wir als eine von 82 IHK in Deutschland weit vorn. Außerdem sind wir nach langer Vorbereitung eine der ersten Kammern, die ihren Haushalt von der Kameralistik auf die kaufmännische Bilanzierung umgestellt hat. Nun funktionieren wir finanziell wie ein Unternehmen auch.

Außerdem gab es in den vergangenen 15 Jahren zwei Wechsel der Geschäftsführer.

Natus: Einen gab es gleich zu Beginn meiner Präsidentschaft, den zweiten nach zehn Jahren. Das war sehr unerfreulich, aber es galt den Dienstleistungsgedanken in alle Bereiche hineinzubringen, nämlich so zu denken, wie das in der Wirtschaft üblich ist. Heute sind wir an einem Punkt, an dem wir mit unserem Hauptgeschäftsführer einen Sympathieträger haben.

Die Trierer IHK ist mit 25 000 Mitgliedsbetrieben eine der kleineren in Deutschland. Wie ist es möglich, sich da für die Region Trier etwa beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin Gehör zu verschaffen?

Natus: Die Trierer IHK ist erster Ansprechpartner etwa für das Land Rheinland-Pfalz auch beim DIHK, wo ich als einer von 20 Präsidenten einen Sitz im Vorstand habe. Das ist eine spannende Angelegenheit, weil man dort an den Hebeln der Macht sitzt. Dort kann man Akzente setzen.

Wie geht das?

Natus: Unsere Region steht stellvertretend für den Mittelstand in Deutschland. Wir bringen uns etwa bei der Änderung der Steuergesetzgebung ein, wir sind aber auch ein Schrittmacher, was die Veränderung der IHK-Organisation anbetrifft.

Welche Vorstellungen haben Sie?

Natus: Es geht um die Reduzierung der 82 Kammern, ein Anliegen, das ich schon mehrfach vorgebracht habe. Wir müssen die wirtschaftlichen Organisationsformen verschlanken, die Wirtschaft muss mit einer Stimme sprechen. Das geht hin bis zur gemeinsamen Organisation von Industrie und Handwerk - ein Projekt für die kommenden zehn Jahre.

In 15 Jahren hat sich auch die Region Trier gewandelt. Welches sind die auffälligsten Entwicklungen?

Natus: Unsere Region ist mittelständisch geprägt, so dass uns Insolvenzen und Schließungen von Großunternehmen nicht so hart treffen können, wie in anderen Regionen. Dennoch hatten auch wir einige größere Firmenschließungen zu verkraften. Mit dem gesunden Mittelstand konnten wir dies auffangen, und erfreulicherweise hat sich die Weinwirtschaft an Mosel, Saar und Ruwer prächtig und zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor entwickelt. Luxemburg ist für viele Mitarbeiter, Fachfirmen und den Handel ein Glücksfall Hinzu kommt eine gut ausgebildete Arbeitnehmerschaft und die hohe Lebensqualität in unserer Großregion.

Und wo sehen Sie Defizite?

Natus: Nach dem Gesetz sollen wir die Politik beraten, was aber schwierig ist. Die Wirtschaft fühlt sich abgehangen, was die Verkehrsinfrastruktur angeht. Denn Strukturpolitik ist der Rahmen für die Wirtschaft, den Kunden schnell zu erreichen und neue Betriebe anzusiedeln, was etwa im Falle Wittlich auch gelungen ist.

Es gibt nur drei Präsidenten in der 150-jährigen Geschichte der Trierer IHK, die sie mit ihrer Präsidentschaft von 15 Jahren übertrumpfen können.

Natus: Nach gewisser Zeit halte ich einen Wechsel für unabdingbar. Aber ein Wechsel in der IHK-Präsidentschaft hängt auch davon ab, ob ein geeigneter Nachfolger ansteht. Auch ich bin erst nach einer neunjährigen Interimszeit von Josef Schack Präsident geworden.

Und was wollen Sie in den kommenden Jahren noch anpacken?

Natus: Ich bin völlig unzufrieden damit, dass wir es nicht geschafft haben, im "Pakt für Ausbildung" von Regierung und Wirtschaft die Gewerkschaften mit ins Boot zu bekommen. Ich erhoffe mir auch künftig wieder mehr politische Fürsprecher aus der Region Trier in Berlin und Mainz. Die Partei-Mitgliedschaft ist zweitrangig; wichtig ist, dass wir einflussreiche Persönlichkeiten dort haben. Und einer meiner größten Wünsche ist es, die kulturellen Stätten Triers besser zu vermarkten. Mir scheint sich das Land nicht ausreichend damit zu identifizieren, es wäre mehr daraus zu machen.

Die Fragen stellte unsere Redakteurin Sabine Schwadorf.

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