Einer für vieles

NIEDERANVEN. Das tägliche Amtsblatt der EU in derzeit 19 Sprachen kommt aus Luxemburg. Lettershop in Niederanven druckt jede Nacht rund 500 000 Seiten Papier, aber auch Kontoauszüge für Großbanken oder Hochzeitseinladungen für jedermann - eine weltweit einmalige Digitaltechnik macht's möglich.

 Nur noch ein prüfender Blick auf die Digital-Druckstraße: Lettershop-Geschäftsführer Patrick Jost (links) und sein Mitarbeiter Klaus Petrizik beim Druck des Amtsblatts der Europäischen Union in 19 Sprachen.Foto: Willi Speicher

Nur noch ein prüfender Blick auf die Digital-Druckstraße: Lettershop-Geschäftsführer Patrick Jost (links) und sein Mitarbeiter Klaus Petrizik beim Druck des Amtsblatts der Europäischen Union in 19 Sprachen.Foto: Willi Speicher

Wer ins Niederanvener Gewerbegebiet fährt, glaubt nicht, dass sich hinter den Türen von Lettershop eine Technik verbirgt, die ihresgleichen auf der Welt sucht. Und auch, wer vor der digitalen Druckmaschine steht, sieht erst auf den zweiten Blick das Außergewöhnliche. Ist die Papierrolle erst einmal in das Gerät eingelegt, geht alles blitzschnell.500 000 Seiten Papier täglich

210 Meter oder 3000 Seiten Papier pro Minute laufen durch die Maschine, werden beidseitig bedruckt, kontrolliert, gestapelt, geschnitten, abgeheftet und ausgespuckt - ohne, dass ein Mitarbeiter zwischendrin Hand anlegen muss. "Digitale Drucker gibt es viele, Bindemaschinen auch, aber kein Gerät, das alles in einem bei solchen Geschwindigkeiten kann", sagt Lettershop-Geschäftsführer Patrick Jost. Dank Sensoren und Barcode-Lesegeräten fehlen keine Blätter. Ein Verknittern der Seiten oder Auffächern der Hefte ist auch nicht mehr möglich, da keine Heißfixierung angewandt wird. Nicht nur, dass menschliche Arbeit teuer ist, sie ist im Vergleich zu diesen Maschinen auch langsam. Und Zeit kostet Geld. Gerade für Institutionen wie die Europäische Union. Die lässt nämlich bei dem 1995 gegründeten Unternehmen der Luxemburger CIP-Gruppe ihr Amtsblatt drucken. Gesetzt werden die Dokumente bei der Luxemburger Firma Euroscript, einer Tochter der "Saarbrücker Zeitungs"-Gruppe, zu der auch der Trierische Volksfreund gehört. 500 000 Seiten täglich, seit der Osterweiterung zum 1. Mai in 19 Sprachen, innerhalb von fünf bis sechs Stunden - so lautet die stolze Bilanz der drei Lettershop-Drucklinien in jeder Nacht. Denn erst gegen 22 Uhr kommen die Daten als PDF-Datei elektronisch übermittelt an. Und gegen 4 Uhr nimmt das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften die Paletten mit den EU-Dokumenten entgegen. Nur so sind alle Daten auch pünktlich zum Sitzungsbeginn in Brüssel oder Straßburg. "Das wird dem Kunden garantiert. Sonst zahlen wir Konventionalstrafen", sagt Jost. Strenge Sicherheitsschleusen sorgen dafür, dass kein fremdes Auge ins Allerheiligste von Lettershop blicken kann, aber auch dafür, dass keine geheimen Daten das Gebäude in Niederanven verlassen. Denn außer dem Amtsblatt der EU gehen bei dem Unternehmen mit seinen 30 Mitarbeitern auch tausende Konto-Auszüge von Luxemburger Großbanken, Schecks und Beipackzettel von Arzneimitteln in den Druck. Deshalb stehen die Maschinen auch nur wenige Stunden am Tag still. Hinzukommen riesige Mailings (standardisierte Kundenschreiben) für große Luxemburger Unternehmen beziehungsweise für mittelständische deutsche Unternehmen, aber auch Geldkarten oder Einladungen. Lettershop stellt das Papier und druckt die Aufträge. Doch nicht nur das. Außerdem faltet, stanzt, bindet und kuvertiert die Firma die Dokumente und organisiert den Postversand.Rücksicht auf das Bankgeheimnis

"Von der Hochzeitseinladung bis zu zehn Millionen Rechnungen - wir leben von der Vielfalt unserer Aufträge", sagt der Lettershop-Chef. Dabei werden alle Dokumente individuell und jederzeit aktualisiert verarbeitet - wie beispielsweise monatliche Telefonrechnungen. Es bedarf nur täglich oder monatlich aktualisierter Daten vom Kunden. Die Daten werden nach jedem Vorgang gelöscht. Schließlich unterliegt Lettershop dem Bankgeheimnis und darf Personen- und Finanzdaten nicht weiter- oder preisgeben. "Während es im Off-Set-Druck auf die produzierte Masse ankommt, können wir in kleinen und großen Mengen ganz flexibel und nach Bedarf reagieren", sagt Patrick Jost. Das habe so bislang kein Unternehmen gekonnt. Den Kunden zuliebe wird nach Stückpreis abgerechnet, so herrscht Transparenz, und es gibt auch keine bösen Überraschungen. "Wir gehen zu unseren Kunden und sagen: Spart Euch große Druckaufträge, sondern kommt, wenn Ihr zeitnah und aktuell Unterlagen braucht", sagt der findige Firmenchef. Ob kleiner oder großer Kunde, jeder Kunde ist wichtig.

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