Einstieg in eine Schuldnerkarriere

TRIER. Fotos, Videos und Musik mit dem Multimedia-Handy verschicken ist "in”. Allerdings telefonieren sich vor allem junge Nutzer schnell einen Schuldenberg zusammen.

Der Versand multimedial aufgepeppter Nachrichten (MMS) geht ins Geld. Zwischen 0,39 und 1,29 Euro fallen dafür an. Hinzu kommen die Gebühren für normale Telefonate und bei Laufzeitverträgen die monatlichen Grundgebühren.Auch die so genannte Premium-SMS lässt die Telefonrechnung anschwillen, wie Barbara Steinhöfel von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz berichtet. So können Nutzer für 0,29 bis 2,99 Euro Klingeltöne und Logos oder Fußballergebnisse abrufen und im SMS-Chat flirten.Die Schuldnerberatungen sehen derweil eine neue Verschuldungswelle auf sich zurollen. Beate Lippert von der Trierer Caritas berichtet von drei Fällen junger Erwachsener, deren Verbindlichkeiten fürs Handy sich auf 6000 bis 7000 Euro belaufen."Fast in jedem Beratungsfall ist ein Handyvertrag mit dabei”, stellt Beate Lippert fest. Eine Tendenz, die auch Eva-Marie Schmitt von der Beratungsstelle des Diakonischen Werks in Trier bestätigt. Meist geht es um Beträge von mehreren hundert Euro im Monat. Oft seien sogar mehrere gekündigte Verträge im Spiel.Ungebremste Konsumlust, die Auffassung, ständig und überall erreichbar sein zu müssen und die Angst, ohne das Statussymbol Handy abseits der Gruppe zu stehen, lassen die Jugendlichen zum Handy greifen.Fatale Folgen hat das, wenn die Kosten nicht unter Kontrolle bleiben. "Das Handy ist heute oft der Einstieg in eine Schuldnerkarriere”, sagt Eva-Marie Schmitt vom Diakonischen Werk Trier. "Viele junge Leute denken nicht an die Konsequenzen.” Und die heißen Vertragskündigungen durch die Mobilfunkunternehmen, Ärger mit Anwälten und Inkasso-Unternehmen, Eintrag bei der Schufa und Verlust der Bonität und schließlich häufig Zahlungsunfähigkeit und Verbraucherinsolvenz.Problematisch sind vor allem die länger bindenden Handy-Laufzeitverträge, die bei Jugendlichen ohnehin nur mit Zustimmung der Eltern abgeschlossen werden können. Hier wartet am Ende des Monats für viele eine böse Überraschung. Die meisten Verbraucherschützer und Schuldnerberater empfehlen daher Jugendlichen und Eltern, klare Limits zu setzen und auf Prepaid-Karten ausweichen. Mit ihnen kann nur ein vorher bezahltes Kontingent verbraucht werden. Barbara Steinhöfel: "Da merken die Jugendlichen sehr schnell, wie die Euros weg sind”. Bei der Kostenkontrolle hilft möglicherweise auch "Omas gutes altes Haushaltsbuch” mit Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, rät Claudia Kurzbuch von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungen.An Gespür für den Umgang mit Geld mangelt es vielen Heranwachsenden, beklagen die Schuldnerberatungen. Sie wollen die Schulen in die Pflicht genommen sehen. "Jugendliche werden von der Werbung gefangen. In der Schule müsste mehr darauf eingegangen werden, wie Werbung wirkt und wie man mit Geld umgeht”, sagt Claudia Kurzbuch.Ist das Kind erst in den Brunnen gefallen, hilft oft nur noch professionelle Hilfe. Doch Vorsicht: Windige Kreditvermittler und "Entschuldungsberater” warten auf Kundschaft, kassieren saftige Provisionen und bringen oft nur noch mehr Schulden. Die Schuldnerberatungen der Kirchen sind zwar voll, bieten aber eine seriöse Beratung. "Wir sind immer behilflich, mit dem Gläubiger etwas auszuhandeln”, sagt Eva-Marie Schmitt. Oft steht am Ende ein Vergleich. Claudia Kurzbuch warnt: "Eines hilft garantiert nicht: den Kopf in den Sand zu stecken.”

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort