Einzelhandel spürt Krise

Die Wirtschaftskrise hat im Juni unerwartet kräftig auf die Umsätze im deutschen Einzelhandel durchgeschlagen. Matthias Schmitt, Einzelhandels-Experte bei der Industrie- und Handelskammer Trier (IHK), schätzt die Lage in der Region aber etwas günstiger ein als im Bundesdurchschnitt.

Wiesbaden/Trier. (dpa/hw) Im Vergleich zum Vormonat Mai verzeichneten die Unternehmen bundesweit Einbußen von nominal 1,6 Prozent, wobei Saison- und Kalendereffekte bereits berücksichtigt wurden. Preisbereinigt (real) lag das Minus bei 1,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte. Analysten hatten mit einem Anstieg um real etwa 0,5 Prozent gerechnet.

Trotz dieser Zahlen bewertet die IHK Trier die Situation in der Region gelassen. "In der Regel hinkt die Region der allgemeinen Entwicklung hinterher", sagt Matthias Schmitt. Die mittelständisch geprägte Struktur, die Nähe zu Luxemburg und auch die noch niedrige Arbeitslosenzahl wirke zudem wie ein "Stabilisierungspolster". Belastbare statistische Zahlen lägen für das Gebiet nicht vor. "In der Frühjahrsumfrage gingen noch rund zehn Prozent der Einzelhändler in der Region von steigenden Umsätzen aus, 45 Prozent erwarteten gleichbleibende Umsätze, und 45 Prozent rechneten mit sinkenden Umsätzen für die kommenden zwölf Monate", sagt Schmitt. Seine Prognose für das Jahr: "Wir rechnen im Einzelhandel mit ähnlichen Ergebnisse wie 2008."

Dagegen befürchten Analysten der Commerzbank, "nun ist die Krise auch im Einzelhandel angekommen". Der Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE) sieht indes in den Zahlen aber keinen Grund zur größeren Beunruhigung. Im Vergleich zu anderen Branchen stehe der Einzelhandel gar nicht so schlecht da, sagte eine HDE-Sprecherin. Schwierig könne es für die Branche werden, wenn die Arbeitslosenzahlen wie vorhergesagt im Herbst in die Höhe gingen und in der Folge die Kaufkraft sinke.

Der Chef des zweitgrößten deutschen Einzelhandelsunternehmen Rewe, Alain Caparros, berichtete dagegen, seit April spüre man in den Läden ein gedämpfteres Kaufverhalten. "Die Leute sind nachdenklicher geworden." Auch das Statistische Landesamt hatte fürs erste Quartal vor allem Einbrüche beim umsatzstärksten Wirtschaftszweig "Einzelhandel mit Waren verschiedener Art", das sind vor allem Supermärkte, SB-Warenhäuser und Verbrauchermärkte, um real 4,7 Prozent festgestellt. Private Einkäufe machen nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Deutschland knapp 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus.

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