Erträge und Rezepte fehlen

LUXEMBURG. Sie ist so etwas wie das schlechte Gewissen der Luxemburger Politik: die Industriellen-Vereinigung Fedil (Fédération des Industriels Luxembourgeois). Jedenfalls ist sie unzufrieden mit der Wirtschaftslage des Großherzogtums und geht mit der Politik ins Gericht.

Was die 450 organisierten Luxemburger Industriellen mit etwa 60 000 Beschäftigten von ihren Politikern verlangen, grenzt an den Kahlschlag wohl gehegter Pfründe und Errungenschaften des Großherzogtums: Das Ende der einseitigen Wirtschaftsausrichtung auf den Bankensektor und auf die Hauptstadt Luxemburg, die Streichung der gesetzlich geregelten automatischen Lohnsteigerung, die Beibehaltung der 40-Stunden-Woche, die Straffung des Öffentlichen Dienstes mit derzeit 35 000 Beschäftigten und Zulassung von Ausländern sowie eine Reform der sozialen Sicherungssysteme - so nur einige der Forderungen der Fedil.Was die Industriellen-Vereinigung auf den Plan gerufen hat, sind die schlechten Wirtschaftszahlen aus dem Jahr 2002. Ein im Vergleich zu früheren Jahren mageres Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent, eine Stagnation bei der industriellen Produktion und eine Arbeitslosigkeit von drei Prozent: Für die Fedil ist es höchste Zeit, dass sich die Politik einschaltet.Wettbewerbsfähigkeit nimmt ab

"Das Wirtschaftswachstum ist zu schwach, als dass wir uns besser bewegen können", bemängelt Fedil-Präsident Charles Krombach. Die Wettbewerbsfähigkeit der Luxemburger Wirtschaft sinke. Dem müsse sich nun endlich auch die Politik stellen.Den Beweis dafür lieferte der Industriellen-Chef gleich mit: Während die Löhne im vergangenen Jahr um drei Prozent gestiegen sind, hat die Produktivität um 2,6 Prozent abgenommen, errechnete die Fedil. Insofern sei die automatische Lohnanpassung an die Preissteigerung nicht das geeignete Instrument in Zeiten eines wirtschaftlichen Einbruchs - und dies sei derzeit der Fall.Der so genannte Index müsse abgeschafft werden, sagt Krombach und sieht in diesem Zusammenhang sogar Luxemburgs Attraktivität für Investoren in Gefahr: "Die Produktivität ist problematisch." Er befürchtet aber auch, dass die Wahlen 2004 den Aufbruch im Land aufhalten. Vorläufig erwartet die Fedil auch für dieses Jahr keine Besserung. "Wir sehen keine Anzeichen für einen schnellen Aufschwung", sagt Fedil-Direktor Nicolas Soisson. Da sich auch die Lage auf dem Hauptabsatzmarkt Deutschland nicht bessere, sei ein Aufschwung frühestens am Jahresende zu spüren. Charles Krombach: "Sorge macht uns vor allem, dass die Regierung keine Erträge, aber auch keine Rezepte mehr hat, so dass der Druck auf die Betriebe und das Sozialsystem immer größer wird."

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