Falsches Erbe vom Urahn aus Afrika

GUSTERATH. Das Phänomen ist bereits 15 Jahre alt. Unterschlagene Firmenvermögen, Familienschätze afrikanischer Ex-Diktatoren und angebliche Erbschaften werden Privat- und Geschäftsleuten angeboten. Und noch immer scheinen ausreichend Menschen auf den Abzocke-Trick mit diesen so genannten "Nigeria-Briefen" reinzufallen, dass sie weiter im Umlauf sind. Auch in der Region.

Gerd Schroeder traute seinen Augen nicht: Post von einem "Mr. Joe Mothibe" im Auftrag der "South African Reserve Bank" lag in seinem Gusterather Briefkasten, abgestempelt in den Niederlanden, versehen mit einer Telefonnummer ebenfalls in den Niederlanden. Ein gewisser Peter Schroeder habe nach seinem Tod ein Konto mit 18,5 Millionen US-Dollar hinterlassen, das die Bank nun einem Hinterbliebenen übertragen möchte. Und der solle Gerd Schroeder sein. Damit das Geld nicht an die so genannte "Ecomog", die Eingreiftruppe der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten, gelange, solleSchroeder sein Konto für den Transfer bereitstellen - "eine hundert Prozent risikofreie Beteiligung", wie Schreiber Mothibe verspricht. Dafür erhalte Schroeder dann 30 Prozent des angeblichen Verwandten-Erbes, zehn Prozent betrügen die Kosten, der Rest gehe an die Bank, die das Geld in Afrika investieren wolle. Für das Landeskriminalamt und die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ist das Schreiben kein Einzelfall. Seit etwa 15 Jahren werden Briefe zu Tausenden an Firmen, Behörden und Privatpersonen geschickt mit der Aufforderung, bei dem Transfer von Millionenbeträgen ins Ausland behilflich zu sein - ein riesiges Betrugsgeschäft, dem schwer beizukommen ist, weil immer wieder Verbraucher auf die Masche reinfallen. Nun sind die Briefe wieder in der Region aufgetaucht, auch der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz sind in jüngster Zeit Fälle im Mainzer Raum bekannt. Es klingt aber auch zu verlockend. Als Belohnung für die Mithilfe winken dem Helfer scheinbar Millionen-Summen, wie das Landeskriminalamt weiß. Kam die Post ursprünglich aus Nigeria - daher werden die Briefe auch "Nigeria-Briefe", die Betrüger "Nigeria-Connection" gennannt -, so sind in den vergangenen Jahren auch andere afrikanische oder asiatische Staaten wie etwa Südafrika im Falle Schroeder als Absende-Länder bekannt geworden. "Die angebliche Herkunft des Geldes reicht von unterschlagenem Firmenvermögen über unverhofft aufgetauchte Familienschätze, Kriegsbeute, Lotterie- oder Gewinnspiele bis hin zu angeblichen Erbschaften nach plötzlichen Todesfällen", warnen die Polizei-Behörden unter www.polizei.propk.de. Tatsächliche politische und gesellschaftliche Veränderungen sowie Naturkatastrophen werden geschickt in die Legenden eingeflochten. Zudem wird - wie im Fall von Gerd Schroeder auch - um die vertrauliche Behandlung des Angebots gebeten. Der Haken jdeoch: Vor der Auszahlung werden Provisions-, Verwaltungs- oder Versicherungsgebühren fällig - vom deutschen "Geschäftspartner" natürlich. Hat dieser dann gezahlt, verzögert sich die Überweisung des Millionenbetrages immer wieder. In keinem den Behörden bisher bekannten Fall kam es tatsächlich zu einer Übergabe oder Überweisung der Millionen. Alle vorab gezahlten Beträge sind verloren, warnt das Landeskriminalamt (LKA). "Nie antworten! Wegwerfen!", rät deshalb Karl-Heinz Eisenhut vom rheinland-pfälzischen LKA. Da der Brief vorerst eine "straflose Vorhandlung" sei, sei es schwierig, an die Betrüger heranzukommen. Dennoch: Vorsicht sollte bei der Herausgabe persönlicher Daten oder der Kontonummer gelten. Sollten aber bereits Zahlungen geleistet worden sein, sollte man Strafanzeige beim Betrugskommissariat der Polizei stellen. Und: Vereinbaren Sie keine Treffen, reisen Sie nicht zum Abschluss solcher Geschäfte in das Ausland, Lebensgefahr kann drohen. "Ich hatte keine Ahnung, wo der Brief herkommt", rätselt derweil Gerd Schroeder aus Gusterath. Auch wenn es in seiner Familie einmal einen Peter Schroeder gegeben habe, der ausgewandert sei, so sei ihm der Brief dennoch "unrealistisch" vorgekommen - nicht zuletzt, weil das Papier auf einem gewöhnlichen Farbdrucker ausgedruckt zu sein scheint. Der Gusterather hat von vornherein richtig agiert: "Das kam mir so komisch vor, ich habe erstmal nichts unternommen und den Brief zu den Akten gelegt."

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