Gegen und mit dem Strom

TRIER. Das Trierer Unternehmen EWL Elektro entwickelt und verkauft Elektro-Komplett-Bausätze für Heimwerker und Häuslebauer - in ganz Deutschland über Baumärkte und mit einem Jahresumsatz von sieben Millionen Euro. Dabei war es für EWL gar nicht so einfach, die zahlreichen Steine aus dem Weg zu räumen.

Eine gute Idee und Kunden, die das Produkt kaufen. Mehr braucht es scheinbar nicht, um ein erfolgreicher Unternehmer zu werden. Doch manchmal ist auch die gehörige Portion Glück und Beharrlichkeit nötig, um selbst die eigene Branche von sich zu überzeugen. So wie bei Dirk Hansen und Franz Thiel. Beide gründen als junge Meister vor zwölf Jahren den EWL-Elektro-Betrieb in Trier. Damals sind sie 26 Jahre und begeistert von der Idee, ihr eigener Chef zu sein - und klassische Elektro-Installationen für Heim und Haus anzubieten. "Doch das war nicht so einfach. Wir waren bunt, frech und günstig - doch scheinbar hat das unseren Kollegen nicht gepasst. Wir waren ein unliebsamer Konkurrent, der Markt hier war gesättigt", sagt Dirk Hansen. Mehr als einmal habe man aus der Branche zu hören bekommen, dass EWL nicht erwünscht sei. Dann kommt die neue Idee: Elektro-Installationen für Selbst-Bauer. "Die Kunden kaufen unser Material, wir bieten Baubegleitung, Einweisung und Teilarbeiten-Service - bis zur Abnahme und Prüfung", schildert Franz Thiel. Was für EWL die Innovation bedeutet, ist für die Elektro-Branche sowie die Handwerkskammer Verrat an der eigenen Arbeit und widerspricht für die Trierer Stadtwerke als Stromversorger jeder Verantwortung für Elektro-Arbeiten. "Es gibt Jahrzehnte alte Grundsätze über die Zusammenarbeit von Elektrobranche und Stromversorgern, wonach Elektro-Installationen nicht zwingend vom Fachmann gemacht werden müssen - wenn sie abschließend vom Experten geprüft werden. Daran haben wir uns gehalten", sagt Dirk Hansen. Die neue Idee des Elektro-Bausatzes landet schließlich vor Gericht. 16 Prozesse innerhalb von sieben Jahren zwischen 1993 und 2000 füllen die Ordner von Thiel und Hansen. Doch Handwerkskammer und Stadtwerke unterliegen: Das Gericht bescheinigt EWL baubegleitende Arbeiten beim Einbau und die Garantie für die Bauabnahme der fachlichen Richtigkeit und Qualität. "In der Praxis macht das auch kein Neuling. Der Privatmann macht es häufig sogar qualitativ besser als der Elektro-Fachmann, weil er es für sich selbst macht", sagt Thiel aus Erfahrung. Doch während seit 1996 Bausätze im Eigenvertrieb schon überregional bis nach Köln verkauft werden, regt sich vor der Haustür immer noch Widerstand. Die Lieferanten vor Ort wollen EWL nicht mehr mit Material versorgen, sitzen ihnen schließlich die konventionellen Elektro-Betriebe im Nacken, die mit Bestell-Boykott drohen. Doch Thiel und Hansen geben nicht auf und beziehen ihr Material auch außerhalb der Region, notfalls per eigener Anholung. Der Erfolg gibt EWL mit seinen heute zehn Mitarbeitern schließlich Recht: Mit der Entwicklung eines deutschlandweit einsetzbaren Zählerschranks vor vier Jahren - zwischen Hamburg und München gibt es 1300 Elektro-Versorger mit unterschiedlichen Anforderungen - öffnen sich die großen Türen. Der "EWL-InstaKit" wird seitdem in Fertighäusern von Bien-Zenker eingesetzt, die über Obi-Baumärkte vertrieben werden. "Das war der Sprung vom regionalen No-Name-Betrieb hin zu einer renommierten Referenz", sagt Geschäftsführer Franz Thiel. Inzwischen vertreiben auch die Firmen Bauhaus, Conrad-Electronic, Toom-Baumarkt und Globus den Trierer Elektro-Bausatz für Eigenheimer in über 700 Filialen, und zum Herbst steht der Verkauf in Obi- und Hornbach-Märkten an. Und damit die Kontrolle und Abnahme der fertigen Elektro-Anlagen bei den Selbstbauern funktioniert, gibt es in der ganzen Republik Partnerbetriebe und fünf eigene Techniker. Etwa 20 Bausätze werden am Tag verkauft, insgesamt sind es wohl 15 000 Stück, der Umsatz der EWL hat sich von rund 15 000 Euro im ersten Jahr auf heute sieben Millionen Euro gesteigert. Damit nicht genug: Nicht nur, dass die Produktion der Zählerschränke in den Trierer Betrieb integriert werden soll, sagt Hansen, "es gibt auch schon Interesse an unseren Zählerschränken inÖsterreich, der Schweiz und den Niederlanden". Der harte Weg und die Beharrlichkeit von ihm und seinem Partner Thiel haben sich gelohnt. Franz Thiel: "Ironischerweise müssen wir dankbar sein für die Gerichtsurteile. Nun kann uns keiner mehr unsere Idee verbieten."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort