Geheimes Geldscheffeln

TRIER. Der städtische Lebensmittelkontrolleur HansMeyer (Name geändert) betreibt Nebengeschäfte in größerem Maße als bislang öffentlich bekannt. Nicht nur auf dem Trierer Weihnachtsmarkt ist er aktiv (der TV berichtete), sondern auch in Luxemburg und Aachen. Geschätzter jährlicher Gewinn: 50 000 Euro. Eine Genehmigung seines Arbeitgebers für diese Nebentätigkeiten besitzt der Kontrolleur nicht.

Hans Meyer wird in wenigen Wochen 55 Jahre alt. Während sich andere Menschen angesichts hoher Arbeitslosigkeit und harter Sozialreformen Sorgen um ihre Zukunft machen, kann sich Meyer beruhigt zurücklehnen. Er kassiert nicht nur ein sicheres Gehalt - als Lebensmittelkontrolleur sind es ungefähr 2000 Euro brutto pro Monat - sondern erzielt darüber hinaus satte Gewinne aus diversen Nebentätigkeiten. So bestätigt auf TV -Anfrage Marc Weydert, Leiter des Fast- und Marktamtes in der Stadtverwaltung Luxemburg, dass Meyer seit mehreren Jahren auf dem Luxemburger Weihnachtsmarkt einen Werbe- und Geschenkartikelstand betreibt.Angebliche Betreiberin ist schwerbehindert

Dieser Stand laufe auf Meyers Namen und sei "einer der schönsten bei uns". Meyer sei ein sehr guter Betreiber. "Es ist ihm aus unserer Sicht nichts vorzuwerfen." Die Sache hat jedoch einen Haken: Der Stadtverwaltung Trier als Meyers Arbeitgeber blieben dessen Aktivitäten in Luxemburg, für die er eine Genehmigung bräuchte, angeblich verborgen. Ferner will niemand etwas davon gewusst haben, dass Meyer auch auf dem Weihnachtsmarkt in Aachen seit vielen Jahren einen Stand betreibt. Letzteres bestätigt auf TV -Anfrage Manfred Piana, Geschäftsführer des Markt- und Aktionskreises City. In Aachen wickelt Meyer die Geschäfte nach Pianas Angaben nicht auf seinen Namen, sondern ebenso wie in Trier über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts "A. & H. Meyer GbR" (Name geändert) ab. Nicht nur auf Weihnachtsmärkten, sondern auch auf großen Volksfesten kommt Meyers Geschäftstüchtigkeit offenbar zur Geltung. So betreibt er anscheinend auf dem Europavolksfest und auf dem Altstadtfest in Trier seit Mitte der 90er Jahre Bierstände. Offiziell tritt er dort nicht als Betreiber in Erscheinung, doch bezieht er nach TV -Recherchen bei einem Getränkehandel in Ehrang über die "A. & H. Meyer GbR" das Bier und bezahlt die Rechnungen. Seinen Vorgesetzten im Trierer Rathaus rang der Kontrolleur in der Vergangenheit Genehmigungen für Nebentätigkeiten auf dem Trierer Weihnachtsmarkt ab, indem er angab, dort nur stundenweise seiner Mutter zu helfen. Diese gab er als Betreiberin an. In Wahrheit liefen die Geschäfte jedoch über die "A. & H. Meyer GbR" und dort ausschließlich über Hans Meyer. Mutter Annemarie (Name geändert) unterschrieb zwar fleißig alles, was der Filius ihr an Unterlagen vorlegte, dürfte aber keine Kenntnis über deren Inhalt gehabt haben. Grund: Die Mutter ist 86 Jahre alt und - wie dem TV vorliegende Dokumente beweisen - seit dem 4. Mai 1998 beim Versorgungsamt Trier als 100 Prozent schwerbehindert registriert sowie bei der BKK Rheinland als pflegebedürftig eingestuft. Weitere Indizien dafür, dass Hans Meyer allein die Geschäfte führte: Dem TV liegt eine Visitenkarte der "A. & H. Meyer GbR" vor, auf der ausschließlich der Name Hans Meyer mitsamt seiner Telefonnummern und der E-Mail-Adresse " Meyerindustrie@t-online.de" (Name geändert) verzeichnet ist. Außerdem soll Meyer die Waren bei einem großen Händler in Köln beziehen und dort ebenfalls die Rechnungen abzeichnen und begleichen. Offen ist, ob und wenn ja in welcher Höhe Meyer Gewinne aus seinen Nebentätigkeiten versteuert hat. Ein Insider beziffert die jährlichen Einkünfte Meyers, die er allein mit den Weihnachtsmarktständen erzielt, auf rund 50 000 Euro. Da Meyer offiziell stets seine Mutter als Betreiberin nannte, liegt der Verdacht nahe, dass er sie auch bei den Finanzbehörden in den Vordergrund stellte.Aufwändiger Lebensstil

Merkwürdig ist, dass zwei Jahrzehnte lang niemand im Trierer Rathaus bemerkt haben will, wie gut die Nebengeschäfte Meyers laufen. Dabei pflegt der städtische Bedienstete einen aufwändigen Lebensstil. So besitzt er eine feudale Villa mit Swimmingpool im Garten. Angegliedert ist eine große Halle, in der er seine gewerblichen Waren lagert. Außerdem gehören ihm Häuser in der Benediktinerstraße und in der Karl-Marx-Straße in Trier mit etlichen Wohnungen, die vermietet sind. Zumindest bei einer Gelegenheit hätte man stutzig werden müssen: Im Januar 2000 feierte Meyer in seiner Villa im Beisein zahlreicher Kollegen mit einem rauschenden Fest seinen 50. Geburtstag. Aktuell teilt die Stadtverwaltung auf TV -Anfrage mit, es würden "Hinweise auf bislang unbekannte dienstrechtliche Vergehen gewissenhaft geprüft". Pressechef Hans-Günther Lanfer: "Sollten sich Vergehen rechtsverbindlich belegen lassen, werden disziplinarrechtliche Konsequenzen folgen." Vorläufig ist Meyer vom Außendienst suspendiert. Oberbürgermeister Helmut Schröer, der dem Vernehmen nach den "Fall Meyer" intern als "großen Mist" bezeichnet hat, will in Kürze den Stadtrat umfassend aufklären.

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