Gersters Ablösung gilt als sicher

Berlin . "KarriereStart" heißt die Messe, die Florian Gerster eigentlich am Freitag in Dresden eröffnen wollte. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA) sagte gestern jedoch diesen sowie andere Termine ab, um sich intensiv auf die mit Spannung erwartete Sitzung des 21-köpfigen BA-Verwaltungsrates heute in Nürnberg vorzubereiten.

"KarriereStart", der Name der Veranstaltung in Dresden hat durchaus etwas Symbolhaftes: Nach fulminantem Start seiner Karriere als Reformer der ehemaligen Bundesanstalt für Arbeit folgt nun das abrupte Ende. Florian Gerster ist ein angezählter Boxer - eine Runde noch im Verwaltungsrat, dann fällt er auf die Bretter. Das wollten mehrere Medien gestern erfahren haben.Spekulationen um hohe Abfindung

Bei der Afrika-Reise des Kanzlers beispielsweise, von der Gerhard Schröder heute abend zurück erwartet wird, schnappte die "Passauer Neue Presse" aus Regierungskreisen die Sätze auf: "Es geht nicht mehr. Gerster ist weg." Das "Handelsblatt" und das ZDF berichteten außerdem übereinstimmend, die Mehrheit des Verwaltungsrates werde Gerster das Misstrauen aussprechen. Die Bundesregierung selbst betonte hingegen, sie wolle den Bericht der Innenrevision zu den umstrittenen Beraterverträgen abwarten, danach werde die Regierung - der Kanzler und sein Arbeitsminister Wolfgang Clement also - eine Entscheidung fällen. Niemand erwartet allerdings noch, dass der 54-Jährige das Gremium zu seinen Gunsten umstimmen könnte. Das gilt übrigens auch für das Lager der Bundesregierung. Gleichzeitig rechnet kaum jemand mit einem kurz entschlossenen, freiwilligen Rückzug des Rheinland-Pfälzers vor Sitzungsbeginn. Hinter den Kulissen wird in diesem Zusammenhang immer die Frage einer Abfindung ins Spiel gebracht. Bei einem Rauswurf soll Gerster noch rund 375 000 Euro kassieren. Offiziell bestätigt ist diese Zahl nicht. Gestern wurde allerdings bekannt, dass der Behördenchef selbst bei Amtsaufgabe ein Übergangsgeld erhalte - die Höhe unterliegt dem Datenschutz. Ob nun so oder so, der Oberstleutnant der Reserve ist vor allem ein "zäher Brocken", ein Kämpfer, der sich nicht einfach aus einem Amt vertreiben lässt. Dementsprechend begegnete er den immer neuen Vorwürfen, Verträge ohne Ausschreibungen eingegangen zu sein, bislang stets überaus cool. Was ihn allerdings bitter getroffen haben dürfte, ist, dass er gestern in den Morgennachrichten erfahren musste, wie der erste SPD-Spitzenpolitiker und Parteifreund von ihm abrückte: Harald Schartau, Wirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen, sprach sich für eine Ablösung des BA-Bosses aus. Ohne Zweifel ein kräftiger, weiterer Stoß aus dem Amt für Gerster. Schartau (und ebenso anderen Genossen) geht es nicht mehr nur darum, ob die externen Beratungsverträge rechtswidrig abgeschlossen wurden. Sondern, dass der BA-Chef mittlerweile so stark politisch beschädigt ist, dass er den Umbau der Bundesagentur nicht mehr erfolgreich fortsetzen kann. Erheblicher Vertrauensverlust nennt man das. Das ist das eine, was Gersters Rauswurf neben den vielen Medienmeldungen als beschlossene Sache erscheinen lässt. Das andere ist, was gestern am Rande der Regierungspressekonferenz zu erfahren war: Der Kanzler wolle die Vakanz an der BA-Spitze möglichst schnell schließen, soll heißen, die Suche nach Gersters Nachfolger hat längst begonnen. Nicht mehr im Rennen sind Gerd Andres, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium sowie sein Kollege Alfred Tacke. Für den einen, verlautete es, sei die Aufgabe nichts, der andere wolle aus persönlichen Gründen nicht. Ausgeschlossen, hieß es überdies zunächst, sei ein Nachfolger aus der Führungsetage der BA - obwohl als ein Kandidat gestern noch der Leiter der Hauptstadtvertretung, Wilhelm Schickler, ins Gespräch gebracht wurde. Wie dem auch sei, das Nachfolger-Karussell dreht sich jedenfalls bereits kräftig.

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