Geschenke und ihr Wert

Geld- oder Sachgeschenk? Das ist auch an Weihnachten eine entscheidende Frage, mit der sich jetzt auch Wissenschaftler befasst haben.

Berlin. Wenn wir mal den Weihnachtsmann außen vor lassen, dann kann ein Schenkender immer nur annähernd den Geschmack des Beschenkten treffen. Je weniger er von ihm weiß, desto öfter liegt er daneben. Im Zweifel hat das Geschenk für den Beglückten überhaupt keinen Wert und wird gleich nach Weihnachten wieder umgetauscht oder landet im Keller. Wäre da nicht ein Geldschein besser gewesen, wie ihn Oma und Opa jedes Jahr in weiser Voraussicht für die Enkelin auswählen?

Eine wissenschaftliche Untersuchung an der Ruhr-Universität Bochum gibt nun über die ökonomischen Prozesse beim Schenken exakt Auskunft - und kommt zu einem überraschenden Ergebnis.

Rund 1000 Studenten wurden von den Ökonomen Thomas Bauer und Christoph Schmidt nach den drei wichtigsten Weihnachtsgeschenken des vergangenen Jahres gefragt. Zuerst einmal wollten die Wissenschaftler wissen, wie viel die Beschenkten bezahlen würden, um die Gaben unter dem Weihnachtsbaum zu erwerben. Ergebnis: Sie hätten im Durchschnitt 13 Prozent weniger dafür ausgegeben, als die Geschenke tatsächlich gekostet haben. Diesen Unterschied nennt man Effizienzverlust.

Gegenüber einem reinen Geldgeschenk, das zu 100 Prozent effizient ist, sind es Sachgeschenke also nur zu 87 Prozent. Beim Salsa-Kurs für den heimwerkenden Ehemann dürfte die Quote noch deutlich darunter liegen, ähnlich bei der Schuhputzmaschine für die Gattin, die Dessous erwartet hatte.

Volkswirtschaftlich ist das eine bedeutsame Größe, werden doch in den Monaten November und Dezember im Einzelhandel etwa 75 Milliarden Euro umgesetzt. Zum großen Teil für Geschenke. Bei 13 Prozent Verlust wären mithin fast zehn Milliarden Euro wertmäßig in den Wind geschossen. Da die Befragung sich nur auf die drei wichtigsten erhaltenen Weihnachtsgeschenke richtete, also SOS-Artikel (Schlips, Oberhemd, Socken) noch nicht einmal berücksichtigte, dürfte die Verlustquote in Wahrheit sogar noch höher liegen.

Aber gemach: Die Studenten wurden auch gefragt, wie viel Geld sie haben wollten, wenn man ihnen das Geschenk abkaufen würde. Nun lag zur Überraschung der gewünschte Preis um 16 Prozent über dem tatsächlichen Marktwert. Mit anderen Worten: Von einem einmal erhaltenen Geschenk trennen mochten sich die Beglückten auch nicht, und wenn, dann nur zu einem höheren Preis. Dieses Phänomen nennen Bauer und Schmidt "Ausstattungseffekt". Zu Deutsch: Was ich habe, gebe ich nicht wieder her.

Außerdem haben Geschenke einen emotionalen Wert, der mit der Nähe des Schenkenden zum Beschenkten steigt. Geschenke von Freunden etwa waren den Beschenkten beim Verkauf nur zehn Prozent mehr wert, die von Geschwistern hingegen fast 20 Prozent. Hat er/sie sich Mühe gegeben oder nicht? War das Geschenk sensibel ausgesucht? Das ist ein echter Wertfaktor. Und potenziell sogar ein Wachstumsbeschleunigungsprogramm. Wenn das unsere Regierung wüsste ...

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