Goldene Brücke in die Steuer-Ehrlichkeit

TRIER. Nur 15 Monate, bis zum 31. März 2005, bleibt Steuersündern Zeit, mit einer "strafbefreienden Erklärung" den Weg zurück in die Gemeinde der ehrlichen Steuerzahler zu finden. Steuerexperten raten, die kostengünstige Amnestie zu nutzen.

Bei der Suche nach Geldwäschern erwischen Zollbeamte, quasi als "Nebenprodukt", in der Nähe der luxemburgischen Grenze auch immer wieder Steuersünder, die Bankunterlagen dabeihaben. Sie wollen ihr Gespartes nach Luxemburg bringen, um die steuerpflichtigen Zinsen vor dem deutschen Finanzamt zu verbergen. "Die melden wir dann dem Finanzamt", sagt Werner Thiel, Leiter der mobilen Kontroll-Gruppe Bitburg.Doch nicht nur auf dem Weg zur Grenze kann es für Steuersünder gefährlich werden. Auch schon jahrelang auf einem ausländischen oder inländischen Konto schlummerndes Geld, das dazu auch noch möglicherweise aus steuerpflichtigen Einnahmen stammt und am Finanzamt vorbeigeschmuggelt wurde, ist vor einer Entdeckung nicht sicher. Ab 2005 werden die Bedingungen noch härter: Dann soll es EU-weit eine Besteuerung von Zinserträgen geben und eine länderübergreifende Meldepflicht der Banken. Nur Luxemburg, Österreich und Belgien führen noch bis 2011 anonym eine Quellensteuer ab und machen keine Kontrollmitteilungen.Jetzt bietet sich Steuerbürgern mit nicht mehr ganz blütenweißer Weste für kurze Zeit die Möglichkeit, hinterzogene Steuern aus den Jahren 1993 bis 2002 im nachhinein zu einem pauschalen Steuersatz zu entrichten - ohne Strafverfolgung, ohne zusätzliche Zinsen. Das garantiert die Steueramnestie, die die Bundesregierung im vergangenen Jahr verabschiedet hat, und die seit dem ersten Januar und noch bis Ende März 2005 gilt. Das "Zeitfenster", innerhalb dessen diese besonders besondere strafbefreiende Erklärung möglich ist, besteht also nur 15 Monate lang. Mit der Amnestie hofft die Bundesregierung, dem Fiskus 20 Milliarden Euro wiederzubeschaffen; allein in Rheinland-Pfalz sollen 135 Millionen Euro dabei herausspringen.Das zweiseitige Formular der strafbefreienden Erklärung kann man sich auf der Homepage des Bundesministeriums der Finanzen downloaden. "Das Ausfüllen ist denkbar einfach", erklärt Jost Löns, Sachgebietsleiter im Trierer Finanzamt. "Man gibt seinen Namen und seine Steuernummer an und dann für jedes Kalenderjahr in dem Zeitraum, in dem Steuern hinterzogen wurden, den sogenannten Lebenssachverhalt - also woher genau das jeweilige Geld stammt."Nicht unter besonderer Beobachtung

Aus Einnahmen aus dem hinterzogenen Kapital ergeben sich dann die zu zahlenden Steuern. Die Bemessungsgrundlage variiert je nach Steuerart. Einnahmen, die der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegen, sind zu 60 Prozent zu berücksichtigen, bei der Gewerbesteuer gilt ein Satz von zehn Prozent, bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer sind es 20 und bei der Umsatzsteuer 30 Prozent (Rechenbeispiele siehe Infokasten). Auf diese Bemessungsgrundlage wird dann im Rahmen der Amnestie immer eine Steuerpauschale von 25 Prozent angesetzt; in den letzten drei Monaten der Amnestie sind es dann schon 35 Prozent. Schnelligkeit lohnt sich also.Im Gegensatz zur bisher und auch während und nach der Amnestie möglichen Selbstanzeige werden keine Hinterziehungszinsen fällig. "Der Steuerbürger kommt so mit der strafbefreienden Erklärung meist sogar günstiger weg als mit seinem normalen Steuersatz", sagt Der Trierer Steueranwalt Christoph Pitsch. Belege muss man nicht mit abgeben. "Trotzdem sollte man sich so schnell wie möglich die Bankunterlagen aus den vergangenen Jahren besorgen, um sie im Zweifelsfall vorlegen zu können", rät Hans-Joachim Gernert, Fachanwalt für Steuerrecht in Trier und Luxemburg.Bisher hat das Finanzamt erst wenige "strafbefreiende Erklärungen" auf dem Tisch liegen. "Die werden sich dann ab dem Sommer häufen", schätzt Fachanwalt Gernert.Dass der einstige Steuersünder danach, wie in der Grundidee der Amnestie festgelegt, vor den Augen des Finanzamtes wieder ohne Makel ist, bezweifelt Pitsch: "Wenn in der Abrechnung ein Fehler oder eine Unstimmigkeit ist, kann es eben doch zu Nachfragen des Finanzamts kommen", befürchtet er. "Auch die Angaben zum Lebenssachverhalt könnten das Finanzamt eventuell auf weitere illegale Spuren führen." "Wir versichern, dass der Steuerbürger danach nicht strenger behandelt wird als jeder andere", entgegnet dem Klaus-Robert Braus vom Trierer Finanzamt.Anwälte, Finanzamt und Steuerfahndung bestätigen, dass das Delikt Steuerhinterziehung sich durch alle Bevölkerungsgruppen zieht. Manchmal sind es allzu menschliche Gründe, die einen Steuersünder zur Umkehr bringen, wie Klaus-Robert Braus vom Trierer Finanzamt schmunzelnd erzählt: "Oft wollen alte Leute einfach vor ihrem Tod alles ins reine bringen. Und dazu gehört dann eben auch das Finanzamt."

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