Haarwunder für die Welt

TRIER/ZEMMER. Waschen, schneiden, fönen: Wenn das alles wäre, was Orhan Borscheid könnte, wäre er nicht ins deutsche Nationalteam zur Junioren-Weltmeisterschaft der Friseure aufgerückt. Doch er kann mehr, und das macht ihn ehrgeizig, den Titel zu erringen.

Wiean uns Damen im Friseur-Salon Hand angelegt wird, das ist nicht nur gerade frech, flippig, modern und hip. Die neuesten Haarkreationen sind zuvor auch tausendfach an Übungspuppen und Models ausprobiert und in Wettbewerben durchgereicht worden. Wer dabei einen neuen Trend jenseits von gewöhnlichen blonden Strähnen und Dauerwelle setzt, der zudem über nationale Grenzen hinaus bestand hat, hat für die Zukunft ausgesorgt. Soweit will es auch Orhan Borscheid schaffen. Und mit seiner Aufnahme in das deutsche Friseurteam für die Weltmeisterschaft Anfang November in Mailand hat der 19-Jährige den wichtigsten Schritt bereits in jungen Jahren getan. Sein großes Ziel hat er immer vor Augen: Mit dem Vierer-Team will er den Meisterschaftstitel unter 60 Nationen bei den Damen-Frisuren verteidigen. "Das ist mein Traum, seit ich weiß, dass es das in meiner Branche gibt", sagt Orhan Borscheid, der gerade mal zwei Wochen seinen Gesellenbrief in der Tasche hat und mächtig stolz auf seine Berufung ist. Zwischen Handwerk und Kunst

Dabei ist der Funke für den Friseurberuf erst während des halben Jahres Crash-Kurs in der Friseurfachschule Lörrach übergesprungen, zu dem ihn sein Adoptivvater Arnold Borscheid animiert hat. "Gut so", sagt der türkisch-stämmige Orhan Borscheid. Sonst seien ihm Fantasie und Kreativität wohl verborgen geblieben. Seitdem hegt der junge Mann eine Leidenschaft für seinen Beruf. Und die kostet viel Zeit. Nach der Arbeit im Trierer Salon von Ausbilder und Arbeitgeber Walter Oberbillig kehrt er in den Friseur-Laden seiner Eltern in Zemmer (Kreis Trier-Saarburg) zurück, um in seiner "Werkstatt" zu üben. Wieder und wieder färbt, wäscht, fönt und stylt er seine Übungspuppen, Tage, Wochen, Monate, manchmal 60 Mal hintereinander - bis alles sitzt und er mit sich und seiner Arbeit zufrieden ist. Zwölf Stunden Arbeit und Training am Tag und an den Wochenenden sowie Kurse und nun Übungscamps mit dem Nationalteam sind normal im Leben von Orhan Borscheid. "Es ist ein weiter Weg bis zur Top-Frisur. Da ist immer noch was zu verbessern", sagt er. Diese Hartnäckigkeit, sein Talent, aber auch permanente Übung haben ihn zur Weltmeisterschaft im Team von Bundestrainer Joachim Wolf gebracht. Dass dies nicht alles zum Null-Tarif zu haben ist, weiß Orhan Borscheid, der seine Ausbildungskosten auf insgesamt 60 000 Euro schätzt. Eine Investition, die sich gelohnt zu haben scheint: Platz fünf bei der Deutschen Meisterschaft, zwei Mal rheinland-pfälzischer Landesmeister, Saarland-Meister und Schweizer Grand Prix Sieger - in zweieinhalb Jahren hat der junge Figaro 16 Platzierungen errungen. Dies lässt sich wiederum in bare Münze umwandeln - in Sponsoring, in Lehrtätigkeit und neue Frisuren. Doch bleibt er auf dem Boden und weiß zu unterscheiden: "Das sind zwei Welten. Die Kunden im Salon, das ist hartes Handwerk. Die Wettbewerbs-Frisuren sind wahre Kunst", sagt Orhan Borscheid. Ein Wechselspiel: Ein Gang durch Trier, ein Blick auf Menschen, Tiere, die Natur - und der Jungfrisör findet eine neue Idee für eine Haarkreation, die er auch schon mal an seiner Freundin ausprobiert. Während es im Salon darauf ankomme, dass der Kunde zufrieden sei, zählten beim Wettbewerb Sauberkeit, Schnelligkeit, Farben, Schneide- und Föntechniken. "Nicht selten fragen mich die Kunden, was in ist, was ich bei den Meisterschaften mache und ob man was davon übernehmen kann", sagt er. Doch ist ihm wichtig: "Ich will nicht der beste Friseur Triers sein, sondern begeisterte Kunden haben."

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