Handwerk: Verbraucher wollen Meister

TRIER. Die Handwerkskammer Trier (HWK) fährt zur Verteidigung des Meisterbriefes schwere Geschütze auf. "Die Mehrheit der Trierer Bevölkerung lehnt die Pläne, die Meisterpflicht weitgehend abzuschaffen, ab", so das Ergebnis einer Umfrage.

"Können Sie sich vorstellen, das Sie oder ich demnächst als Büchsenmacher eine Firma gründen? Nach den Plänen der Bundesregierung ist das ab dem kommenden Jahr möglich." Für den stellvertretenden HWK-Hauptgeschäftsführer Josef Adams und seine Mitstreiter für den Meisterbrief ein Horrorszenarium. Nach den Plänen könnte sich nicht nur jeder als Büchsenmacher selbständig machen, sondern auch als Friseur, Maler, Bäcker oder Fleischer, so die Kammer. Argumentationshilfe für den Fortbestand der Meisterausbildung bekommt das Handwerk aus der Bevölkerung. "Was halten Verbraucher und Handwerksunternehmer von diesem Vorhaben?" Um hierüber ein Meinungsbild zu erhalten, beauftragte die HWK Trier das Call Center der Trierischen-Media-Verkaufs-GmbH (TMVG). Befragt wurden 300 zufällig ausgewählte Verbraucher und 150 Unternehmer aus dem Handwerk. Fazit: Sowohl die Verbraucher mit 61 Prozent, als auch die Unternehmer (90 Prozent) sind mehrheitlich gegen eine Abschaffung der Meisterpflicht. Beide Gruppierungen befürchten durch den Wegfall einen deutlichen Qualitätsverlust der handwerklichen Leistung. Besonders Kunden sehen - laut dieser Umfrage - in dem Meisterbrief die Gründe für eine qualitativ hochwertige und kompetente Ausführung der Arbeiten. Diese Meinung vertreten auch vier von fünf Handwerksunternehmer. Sie befürchten einen starken Rückgang des Vertrauens in "ihre Handwerker". Mehr als ein Drittel der Privatkonsumenten (34 Prozent) geht weiterhin davon aus, dass auch die Befähigung und die Bereitschaft, Lehrlinge auszubilden mit dem Wegfall des " großen Qualifizierungsnachweises im Handwerk" sinkt - nur 20 Prozent rechnen mit einem Anstieg der Ausbildungsbereitschaft. Die betroffenen Unternehmer schätzen die Auswirkungen noch gravierender ein. Hier gehen knapp neun von zehn Unternehmern von einer sinkenden Ausbildungsbereitschaft aus. Beide Befragungsgruppen bezweifeln darüber hinaus, dass es mit dem Vorhaben der Bundesregierung zu einer Belebung des Arbeitsmarktes kommen werde. Über die Hälfte der Verbraucher gibt an, dass es zu keiner Änderung kommt oder dass die Arbeitslosenzahl sogar steigen wird. Ein noch deutlicheres Bild zeichnet sich bei den Handwerksunternehmern ab: Dort sind es knapp 80 Prozent. Beide Gruppierungen glauben zudem, dass die Zahl der Insolvenzen mit dem Wegfall der Meisterpflicht steigen wird: Bei den Verbrauchern sind es knapp 58 Prozent, bei den Unternehmern aus dem Handwerk sogar rund 80 Prozent.Suche nach dem Kompromiss

Zudem sind für HWK-Präsident Hans-Josef Jänschke und HWK-Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks die Argumente der Bundesregierung nicht schlüssig. "Das Handwerk war bisher immer ein stabilisierender Faktor auf dem Arbeitsmarkt, hat zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und weit über den eigenen Bedarf ausgebildet", sagt Hans-Josef Jänschke. Während das europäische Ausland - beispielsweise Polen oder die Slowakei - eine Unternehmensqualifikation nach dem deutschen Meisterwesen einführe, wolle man in Deutschland offensichtlich den Rückwärtsgang einlegen, so der Handwerkspräsident.Enttäuscht ist der Trierer HWK-Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks darüber, dass die Regierung die Neuordnung der Handwerksordnung ohne die Mitarbeit des Handwerks anstrebe. "Wir sind durchaus für Veränderung und Anpassung. Das System ist zu statisch", spielt Kocks den politisch Verantwortlichen den Ball zu. Mit CDU und FDP habe man bereits zum großen Teil Einvernehmen über eine Neuordnung. Geht es nach den Vorstellungen der Kammer, sollte der Meisterzwang nicht nur in jenen Berufen erhalten bleiben, in denen eine entsprechende Gefahren-Neigung bestehe. Auch Kriterien wie Verbraucherschutz, Ausbildungsleistung und Nachhaltigkeit am Markt sollten als "Meisterkriterien" gelten. "Ziel ist ein atmendes Handwerk, mit einer dynamischen Entwicklung", sagt Kocks. Die Hoffnung der Kammer geht dahin, dass Bundesrat und Bundestag einen Kompromiss finden, mit dem das Handwerk besser leben könne. "Wir sind nicht gegen Veränderung, aber gegen den Kahlschlag."

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