Handwerk in Not

TRIER. Betreuung der Existenzgründer, Qualifizierung durch den Meisterbrief und Akquisition zusätzlicher Lehrstellen: Das waren die Schwerpunkte der Arbeit der Handwerkskammer (HWK) Trier im vergangenen Jahr. Das Ziel: dem schwierigen Umfeld Paroli zu bieten.

600 Beschäftigte weniger, dafür 132 Betriebe mehr: So lauten die auf den ersten Blick widersprüchlichen Kennzahlen im Handwerk der Region Trier für 2005. Doch hinter dieser Entwicklung steckt laut Handwerkskammer-Präsident Rudi Müller "der gewachsene Druck auf die Betriebe". Weil der Umsatz im Durchschnitt jeweils um zwei Prozent auf 498 000 Euro gesunken sei, hätten auch viele der 6408 Handwerksbetriebe in der Region Mitarbeiter abbauen müssen. "Die privaten Kunden halten sich mit Aufträgen zurück", sagte Müller bei der Bilanz der Zahlen für 2005. Die Folge: Die Zahl der Insolvenzen im Handwerk ist mit 48 etwa fünfmal so hoch wie noch Mitte der 90er Jahre. "Das zeigt, die Situation ist sehr schwierig, denn mit einem Durchschnittsalter von elf Jahren gehen gestandene Unternehmen pleite", sagte der Handwerkspräsident. Ein Zukunftsmarkt sei das Energiesparen und die damit zusammenhängende Technik, ein anderer die Förderung der Auslandsmärkte, wobei man mit einer Exportquote von 15 Prozent dank der Nachfrage aus Luxemburg gut aufgestellt sei. Existenzgründungsboom und weniger Qualifikation

Aber auch die gestiegene Zahl an Unternehmen kann die Kammer-Funktionäre des regionalen Handwerks nicht beruhigen. "Wir erleben zwar einen Existenzgründungsboom - allerdings nur durch arbeitslos gewordene Handwerker, die sich selbstständig machen", sagte Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks. Das gehe einher mit weniger Qualifikation, weil nur noch ein Drittel der neuen Betriebsinhaber einen Meisterbrief haben. Vor allem bei Fliesenlegern und Gebäudereinigern sei die Zahl von Unternehmensgründungen ohne Fachqualifikation stark gestiegen. Einen Lichtblick sieht der Kammerchef jedoch: Trotz des Wegfalls der Meisterpflicht in über 50 Berufen machen wieder mehr Handwerker den Großen Befähigungsnachweis. Mit einer Steigerungsrate von 20 Prozent weist die HWK damit bundesweit mit die höchsten Steigerungsraten auf. Folglich lautet auch das Ziel: "Wir müssen den Meisterbrief stärker als Herausstellungsmerkmal und Qualitätssiegel verkaufen", sagte Kocks. Deshalb sei man auch dazu übergegangen, die Meisterausbildung in Modul-Kursen abzuhalten und die Kammerstandorte Gerolstein, Wittlich und Bitburg durch Weiterbildungsangebote aufzuwerten. "Wir müssen zu den Kunden gehen", fügte Josef Adams, stellvertretender HWK-Hauptgeschäftsführer, hinzu. Reserven in der Ausbildung ausschöpfen

Dieses Ziel vertritt die Kammer auch beim Thema Ausbildung: Denn die Lehrlingszahlen sind 2005 um zwei Prozent auf noch 4350 Auszubildende gesunken. Die Neuabschlüsse sind sogar um 4,4 Prozent zurückgegangen. "Das ist im Bundesvergleich zwar immer noch gut, aber wir wollen unsere Akquisition weiter verstärken und dem Trend entgegensteuern", sagte HWK-Ausbildungs-Geschäftsführer Günther Behr. Auf zehn Beschäftigte kommt im regionalen Handwerk ein Azubi, in der Gesamtwirtschaft sind es 30 Beschäftigte auf einen Lehrling. "Es gilt, Reserven auszuschöpfen und zu verhindern, dass immer mehr Auszubildende frühzeitig ihren Vertrag auflösen." Dazu wolle man nicht nur früher an die Betriebe herangehen, sondern auch die Schulabgänger früher zu einer Berufswahl animieren. Hans-Hermann Kocks: "Die Abstimmung zwischen Schule und Beruf funktioniert noch nicht."

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