Heizungskeller = Steuersparmodell

Berlin · Schon seit langem fordern Verbände, dass es bei der energetischen Gebäudesanierung viel entschlossener vorangehen muss. Denn bei knapp ein Prozent Erneuerungsquote im Jahr dauert es noch 100 Jahre, bis der Bestand modernisiert ist. Jetzt könnte es ganz schnell gehen.

 Mit der Heizungssanierung das Klimaziel erreichen, das kann sich für den Bund und für die Bürger rechnen. Foto: dpa

Mit der Heizungssanierung das Klimaziel erreichen, das kann sich für den Bund und für die Bürger rechnen. Foto: dpa

Berlin. Um die eigenen Umweltziele zu erreichen, will die Bundesregierung doch noch die umstrittene steuerliche Absetzbarkeit der Investitionen einführen; Dämmung und Isolierfenster könnten bald zum beliebten Steuersparmodell werden.
In dem "Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (Nape)" des Wirtschaftsministeriums, der unserer Zeitung im Entwurf vorliegt, wird die Gebäudesanierung zum zentralen Instrument erklärt, um die schon 2010 beschlossenen Effizienzziele zu erreichen. Das Mittel der Wahl soll die steuerliche Absetzbarkeit sein. Schon 2015 soll sie beginnen und fünf Jahre dauern. Jährlich werden eine Milliarde Euro Mindereinnahmen veranschlagt.
Idee neu aufgelegt


Eine ähnliche Idee der schwarz-gelben Regierung war in der letzten Periode am Widerstand der SPD-regierten Länder gescheitert. Dort verlangte man Kompensation für die Steuerausfälle. Erst letzte Woche hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Hannelore Kraft (SPD) diesen Standpunkt erneuert. In den Koalitionsverhandlungen war der von den Wirtschaftspolitikern empfohlene Vorschlag am Einspruch der Finanzpolitiker hängen geblieben. Doch ist die Ausgangslage jetzt anders. Erstens kommt der Vorstoß nun vom SPD-Chef und Vizekanzler selbst, von Sigmar Gabriel. Und außerdem ist jetzt Geld da. Erst kürzlich hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angekündigt, bis 2018 insgesamt zehn Milliarden Euro für zusätzliche Investitionen bereit zu stellen. Ein Teil davon könnte bei der Gebäudesanierung eingesetzt werden. Von der steuerlichen Absetzbarkeit verspreche er sich eine "erhebliche Hebelwirkung" auch mit Blick auf die Konjunktur, meinte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hubertus Heil, auf Anfrage. Die Ausfälle der Länder müsse der Bund tragen. Dem anderen Einwand aus der SPD, dass diese Art der Förderung unsozial sei, will Gabriel durch die Ausgestaltung begegnen: Hauseigentümer, egal ob privat oder Vermieter, können die Aufwendungen direkt von ihrer Steuerschuld abziehen, zehn Jahre lang jährlich zehn Prozent. Der Vorteil wäre dadurch nicht progressionsabhängig. Und die Mieter werden bei der Modernisierungsumlage auch entsprechend entlastet.
Für jene Hausbesitzer, die von steuerlichen Abschreibungen wenig haben, zum Beispiel Rentner, will Gabriel andere Anreize schaffen: die Kreditförderprogramme der KfW sollen von 1,7 Milliarden auf zwei Milliarden Euro pro Jahr aufgestockt werden, darunter sollen auch 300 Millionen sein, die direkt als Zuschüsse etwa für neue Heizungsanlagen fließen können. Und neue Gebäude sollen ab 2016 per Vorschrift als "Niedrigstenergiehaus" errichtet werden müssen. Beim Verkehr will die Regierung die LKW-Maut künftig verbrauchsabhängig gestalten und die Anschaffung von elektrisch angetriebenen Firmenwagen ebenfalls steuerlich fördern.
CO{-2}-Ausstoß senken


Gabriels Effizienzprogramm ergänzt das ähnlich umfangreiche "Aktionsprogramm Klimaschutz 2020" von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Beide Papiere sollen am 3. Dezember im Kabinett verabschiedet werden; gegenwärtig läuft die Abstimmung zwischen den Ministerien. Hendricks geht es darum, insgesamt das Ziel zu erreichen, den CO{-2}-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu vermindern. Nach derzeitigem Stand würde das um fünf bis acht Prozentpunkte verfehlt, vor allem, weil neuerdings wieder sehr viel Kohlestrom produziert wird. Hier jedoch hat sich offenbar Gabriel durchgesetzt. Es sollen nicht, wie Hendricks gefordert hatte, Kohlekraftwerke abgeschaltet werden; vielmehr will die Regierung sich dafür einsetzen, europaweit den Emissionshandel durch eine Verknappung der CO{-2}-Zertifikate wieder flott zu machen. Der Markt soll es dann richten. Grünen-Umweltexpertin Bärbel Höhn zeigte sich da äußerst skeptisch: Derartiges würden die Mehrheitsverhältnisse auf EU-Ebene verhindern, sagte sie unserer Zeitung. Das Programm enthalte zahlreiche "Luftbuchungen" und werde das Ziel nicht erreichen. Ihr Fraktionschef Anton Hofreiter sprach von einem "Progrämmchen".

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