Hersteller schäumen über

TRIER. Bundesfinanzminister Hans Eichel will deutsche Sektkellereien früher zur Kasse bitten. Laut einer Änderung des Schaumweinsteuergesetzes sollen die Hersteller nur noch bis zu 35 statt 70 Tage Zeit für die Zahlung haben. Die Kellereien der Region Trier, die zusammen ein Viertel des deutschen Sektes produzieren, laufen Sturm.

Für die Staatskassen ist die Sektsteuer so selbstverständlich, dass kaum einer weiß, warum es sie gibt. Immerhin hat Kaiser Wilhelm II. die damalige Luxussteuer 1902 zur Finanzierung der Kriegsflotte eingeführt. "Damit hat sie sich vom Sinn und Zweck her schon überlebt", sagt Adolf Lorscheider, Geschäftsführer der Trierer Sektkellerei Herres. Dass es angesichts von rund 400 Millionen Euro Sektsteuer jedes Jahr jemals zu ihrer Abschaffung kommen wird, daran glauben weder Lorscheider noch seine Kollegen in der Region Trier. Im Gegenteil. Denn Finanzminister Hans Eichel (SPD) rückt den Herstellern nun früher auf die Pelle: Der Minister will seine Sektsteuer schon bis zu 35 Tage nach der Abfüllung der Flaschen auf dem Konto haben - statt erst nach 70 Tagen. Das sieht die Änderung des Schaumweinsteuergesetzes vor, die der Trierer CDU-Bundestagsabgeordnete Bernhard Kaster beim Ministerium erfragt hat. Demnach will der Bund so einer Forderung des Bundesrechnungshofes entsprechen und die Schaumweinbesteuerung der von Tabak und Bier anpassen. Außerdem erwartet die Regierung Zinseinsparungen von zwei Millionen Euro, weil sie nicht in Vorlage treten muss. Das, so kritisieren die Sekthersteller, falle auf sie zurück. Denn sie müssten laut Schätzungen wiederum 30 Millionen Euro vorschießen - mehr, als der Finanzminister spare. Und da die Region Trier mit rund 116 Millionen Flaschen ein Viertel der deutschen Sektproduktion und damit auch des Steueraufkommens stelle, beträfe sie das besonders. "Unser Haus müsste rund eine Million Euro einen Monat früher aus der Kasse nehmen,", sagt Lorscheider. Das kostet die Unternehmen Liquidität. Nick Reh, Vorstandssprecher von Schloss Wachenheim, sagt: "Das bedeutet für die mittelständischen Kellereien, dass viele neue oder längerfristigere Kredite brauchen. Eine ärgerliche Sache zur Unzeit." Reh schätzt die Mehrkosten allein für sein Unternehmen auf rund 100 000 Euro. Und auch der Trierer Bernard Massard-Geschäftsführer Joachim Immelnkemper gibt zu bedenken: "Heute zahlen die Kunden häufig erst zwei Monate nach Wareneingang. Die Gesetzes-Änderung ist eine Zusatz-Belastung." Selbst der Finanzminister gesteht auf Kasters Anfrage hin, dass bei Betrieben die "Liquidität beeinflusst" werden kann. Für Albrecht Ehses, bei der Industrie- und Handelskammer Trier zuständig für die Weinwirtschaft, eine "Verschärfung des Wettbewerbs", wo es um Cent-Beträge gehe. "Auf den Verbraucher lassen sich die Kosten nicht abwälzen", sagt Nick Reh. Zumal Deutschland das einzige weinproduzierende Land der EU sei, das eine so hohe Sektsteuer (1,02 Euro je 0,75-Liter-Flasche) erhebe. Die Folgen: "Es wird noch mehr Kaufkraft nach Luxemburg abwandern, wo es keine Sektsteuer gibt. Perlwein wie Prosecco gewinnt weiter an Auftrieb", sagt Reh - und das angesichts eines ohnehin rückgängigen Sektkonsums.

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