In der Hand der Analysten

TRIER. Die Zahlen, die HypoVereinsbank, Deutsche Bank, Dresdner oder Commerzbank vorlegen und Pläne über Entlassungen oder Zweigstellenschließungen zeigen, wie sehr der deutsche Finanzsektor in der Krise steckt. Doch auch Sparkassen und Raiffeisenbanken stehen vor großen Herausforderungen.

Gebetsmühlenartig leiern die Vertreter von Bundesbank undEuropäischer Zentralbank die Stabilität des deutschen Bankwesensherunter. Genauso gebetsmühlenartig reden Wirtschaftsforscher undUnternehmensberater die Fusionswelle bei den deutschenKreditinstituten herbei. Beides sind Indizien für diestrukturelle Krise, in der die deutsche Finanzwelt steckt. Bisherhatte das so genannte Drei-Säulen-System, das Nebeneinander vonGroßbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken, gutfunktioniert. Zumindest, was die Versorgung der Kunden angeht. Experten: Zu viele Bankfilialen

In Deutschland kamen Ende 2002 auf eine Bankstelle 1940 Einwohner. "Erst ab einer Größenordnung von etwa 3800 Einwohnern pro Bankstelle lässt sich jedoch profitabel arbeiten", heißt es in einer Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young. Auch aus diesem Grund sind die deutschen Kreditinstitute weniger rentabel als Bankhäuser in anderen Länder. Vor allem auf Grund ihrer geringen Größe, zu hoher Verwaltungskosten und damit geringer Rentabilität im europäischen Vergleich müssten Banken und Sparkassen ihr Überleben mit weiteren Zusammenschlüssen sichern, heißt es in der Studie. Insbesondere bei Sparkassen und Kreditgenossenschaften werde die Zahl der Institute bis 2005 um etwa 40 Prozent zurückgehen. Vor allem die derzeitige Insolvenzwelle bei Unternehmen führe zu steigenden Forderungsverlusten, die sich bereits 2001 auf 27,2 Milliarden Euro beliefen. Für 2003 sei von einem Anstieg auf 46 Milliarden Euro auszugehen. Dies schlage sich mit hohen Wertberichtigungen bei Firmenkrediten in der Bilanz nieder. Hinzu kämen negative Folgen der anhaltenden Börsenflaute.

Die meisten Probleme seien allerdings hausgemacht. Während etwa in Frankreich und Großbritannien die fünf größten Banken über 40 Prozent der Marktanteile im Kreditgeschäft hielten, seien es in Deutschland nur knapp 20 Prozent. Bei den Genossenschaftsbanken hielt 2002 die Fusionswelle an: In Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und dem Saarland kam es zu 21 Zusammenschlüssen. Seit 1997 hat sich die Zahl der Genossenschaftsbanken von 341 auf 212 verringert.

Und auch Bundesbank-Vorstand Edgar Meister sieht weiteren Reformbedarf. Zwar hätten die Institute gelernt mit Risiken umzugehen, dennoch müssten Geschäftsbanken, Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken ihr Reformtempo erhöhen. Vor allem aber auch die Landesbanken stehen unter Druck. Denn ab 2005 fällt nach einer EU-Vorgabe die so genannte Gewährträgerhaftung weg. Bisher wurde das Risiko durch die Eigentümer abgesichert, und so konnte die LRPsich zu günstigen Konditionen Geld beschaffen. Nach diesem Datum wird die Einschätzung der internationalen Rating-Agenturen entscheidend. Diese Analystenhäuser beurteilen die Bonität von Staaten, Finanzhäusern und Unternehmen, und von diesem Urteil hängt ab, zu welchen Konditionen sie sich refinanzieren können. Für die Landesbanken gilt es nun, die Eigenkapitalquote als maßgebliche Größe zu erhöhen. Doch in Krisenzeiten ist das schwierig.

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