Investition in die Zukunft

TRIER. 260 Mitarbeiter des Trierer Stahlwerks fahren seit Wochen Kurzarbeit. Firmenchef Uli Rass macht ihnen dennoch Mut: Sobald die Marktsituation sich bessere, gehe es weiter. Wichtiger noch: Das Unternehmen will mehrere Millionen in den Qualitätsausbau investieren.

Die deutsche Stahlbranche befindet sich zurzeit auf einer aufregenden Berg- und Talfahrt. Mittendrin ist das kleine Trierer Stahlwerk (TSW), das 2003 aus dem in Insolvenz geratenen Moselstahlwerk entstand. Keine zwei Jahre, nachdem das TSW die Produktion aufgenommen hat, ruht nun der Hochofen in Trier wieder. "Das vergangenen Jahr lief für uns noch hervorragend", sagt Uli Rass. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten schaffte es das TSW trotz hoher Schrott- und Energiepreise, sich gut zu entwickeln. "Wir haben alle geglaubt, dass es auch 2005 so weitergeht, doch dieses Jahr läuft sehr schleppend, der Markt ist bedient", sagt Rass dem TV. Für die beiden geschäftsführenden Gesellschafter, Uli und Christoph Rass, stellte sich die Frage: Wie reagieren? "Wir hätten unseren Baudraht zu Dumpingpreisen auf den Markt werfen können, damit aber die Preise kaputt gemacht und uns selbst geschadet." Die Alternative: "Wir stellen zeitweise die Produktion ein." Nach Absprache mit dem Betriebsrat entschloss man sich für die zweite Möglichkeit. "Das war die vernünftigste Lösung", sagt der Betriebsratsvorsitzende Rudolf Heinz. Allerdings habe man gehofft, dass es bereits im Juni wieder weitergehe. Sollte der Markt sich beruhigen, könne es im Juli wieder losgehen, sagt Firmenchef Rass. Am 22. Juni wird das weitere Vorgehen in einer Betriebsversammlung besprochen. Angebot bleibt künstlich knapp

Auch die deutsche Stahlindustrie will ihr künstlich verknapptes Angebot über den bisher angekündigten Zeitraum hinaus im dritten Quartal beibehalten. Trotz des weltweiten Stahlbooms haben die deutschen Hüttenwerke im Mai mit 3,7 Millionen Tonnen vier Prozent weniger Stahl erzeugt als im Vormonat. Die Stahlriesen ThyssenKrupp und Salzgitter hatten bereits im April Produktionssenkungen von insgesamt 500 000 Tonnen bis einschließlich Juni angekündigt. Von Juli bis September will Marktführer ThyssenKrupp jetzt noch einmal 200 000 Tonnen Stahl weniger kochen als geplant, Salzgitter 50 000. ThyssenKrupp und Salzgitter haben die Kürzungen unter anderem mit hohen Lagerbeständen begründet. Damit solche Situationen in Zukunft vermieden werden können, investiert das TSW mehrere Millionen. "Wir planen eine kontinuierliche Schrottbeladung für unseren Hochofen, wie es sie bisher ganz selten in Europa gibt. Damit können wir den Schmelzvorgang optimieren und viel Zeit einsparen." Zudem sollen weitere Millionen in das Walzwerk und den Ausbau des Umweltschutzes gehen. "Wir haben schon viel in diesem Bereich getan, doch wir wollen das Werk zukunftssicher machen", sagt Rass. Bisher produzieren die Trierer Stahlwerker zu 90 Prozent Baustahl. "Unsere Drähte verschwinden vollkommen im Beton und werden in der Bauindustrie gebraucht. Wir wollen demnächst aber in Trier höhere Qualitäten produzieren." Nägel und Schrauben, Spannstähle, Blankstähle für Einkaufswagen oder Autokopfstützen oder auch Stahl in Federqualität - Rass hat genaue Vorstellung und ist sich sicher, auch Abnehmer für die neue Trierer Qualität zu finden. Nachdem man im März 2005 mit 32 000 Tonnen Draht einen Produktionsrekord im TSW aufgestellt hat, glaubt Uli Rass, dass man nach dem Ausbau sogar die Jahresleistung von rund 350 000 Tonnen auf dann 550 000 Tonnen Stahl anheben könne. Mit den Investitionen möchte das TSW noch dieses Jahr beginnen. "Wenn alles gut läuft, werden wir 2006 fertig sein." Und konjunkturelle Täler sollen dann für die Trierer weniger tief sein.

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