Kaffeefahrt im Tarn-Anzug

TRIER. Wenn es darum geht, an das Geld anderer Leute zu kommen, kennen skrupellose Geschäftemacher kein Pardon. Eine seit Jahren erfolgreiche Masche: als Gewinnspiel getarnte Kaffeefahrten.

"Unglaublich,aber wahr! Es ist amtlich! Sie, Frau Maria Müller haben denJackpot gewonnen. Die Auflösung aus unserem Preisrätsel, an demSie im vergangenen Jahr teilgenommen haben, war richtig. Einwertvoller und toller Preis ist Ihnen sicher." Ein Schreiben mitdiesem Inhalt schneite den Müllers (Name von der Redaktiongeändert) aus einem kleinen Dorf in der Vulkaneifel vor wenigenTagen ins Haus. Die Freude über das"Herzlichen-Glückwunsch"-Schreiben hielt sich bei den Müllersallerdings in Grenzen; stattdessen überwog die Verwunderung. DennMaria Müller habe im letzten Jahr an keinem Preisrätselteilgenommen, sagt ihr Sohn Karl. Konnte sie auch gar nicht, dennMaria Müller ist seit 18 Jahren tot. Nun wundert sich Karl undauch der Rest der Familie, wie ausgerechnet Maria Müller bei derMTF-Endausspielung den Jackpot gewinnen konnte, obwohl sie selbstzu Lebzeiten doch bei keinem Preisausschreiben mitgemacht habe.Nur bei einer Kaffeefahrt sei sie mal mitgefahren, erinnert sichder Sohn. Wahrscheinlich sind Maria Müllers Personalien damals in die Finger von Adressenhändlern geraten, die die Frau aus der Vulkaneifel seitdem als potenzielle "Kaffeefahrt-Kandidatin" führen und ihre Anschrift munter weiterverkaufen an seriöse und unseriöse Veranstalter.

Auf diese Weise ist Maria Müllers Adresse wohl auch bei den dubiosen Gewinnspiel-Initiatoren "Multi-Spiel-Service" und "Mona Lisa" gelandet, die die längst verstorbene Frau nun angeblich als Preisträgerin gezogen haben. Maria Müller ist beileibe nicht die einzige "Glückliche", die in den letzten Tagen Post bekam mit der vollmundigen Ankündigung: "Ein wertvoller und toller Preis ist ihnen sicher!" Es waren hunderte, wahrscheinlich eher tausende Empfänger bundesweit, bei denen die vermeintlichen "Gewinnzusagen" im Briefkasten lagen und die sich nun, um den Preis entgegenzunehmen, zu einer Gratisfahrt im "klimatisierten Luxusbus" anmelden sollen.

Was die angeblichen "Ehrengäste" am Reisetag erwartet, ist allerdings keine feierliche Preisübergabe "mit tollem Festprogramm", wie versprochen, sondern eine schnöde Bustour durch die Gegend, die in irgend einem Gasthof auf der grünen Wiese endet. Dort müssen die Teilnehmer eine mehrstündige Promotionsveranstaltung über sich ergehen lassen, bei denen ihnen geschulte Verkäufer minderwertige Rheumadecken, schrottreife Töpfe, wirkungslose Vitaminpräparate oder überteuerte Reisen andrehen.

Verbraucherschützer warnen schon lange davor, dass bei Kaffeefahrten vornehmlich extrem überteuerte oder nutzlose Produkte angeboten werden. Weil die geschätzt mehrere hundert Millionen Euro im Jahr umsetzende Branche zunehmend einen schlechten Ruf genießt, sind einige Veranstalter dazu übergegangen, schnöde Kaffeefahrten durch die "Gewinnspiel-Masche" zu tarnen. Offenbar mit Erfolg. Denn obwohl auch die rheinland-pfälzische Verbraucherberatungsstelle immer wieder auf die miesen Tricks der Abzocker aufmerksam macht, sind die "Preisträger-Busse" meistens gut gefüllt und die Teilnehmer bei der Rückfahrt um etliche Euro ärmer.

Wer einmal in der Adressenkartei einer dieser Nepp-Firmen gelandet ist, hat fast keine Chance, dort wieder herauszukommen. So wird auch die vor 18 Jahren gestorbene Maria Müller wohl weiter bei Preisrätseln gewinnen, obwohl sie nie daran teilgenommen hat.

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