Kampf um jeden Passagier

LAUTZENHAUSEN. Der Boom der Billigflieger hält an. Doch weil immer mehr Fluggesellschaften günstige Flüge anbieten, muss der Vorreiter Ryanair verstärkt um Passagiere kämpfen - über eine neue Preiskampagne.

50 000 Gratisflüge vom größten deutschen Regionalflughafen Hahn zu acht Zielen in Europa - bis heute um 24 Uhr bietet die irische Billigfluglinie Ryanair ihren Gästen dieses Angebot per Internetbuchung. Was sich nach einer milden Gabe anhört, ist knallhartes Kalkül. Zwar hat die Gesellschaft die Zahl ihrer Passagiere im ersten Quartal dieses Geschäftsjahres im Vergleich zum Vorjahr um 45 Prozent auf 5,1 Millionen steigern können. Doch sind wegen der starken Expansion von neuen Flugstrecken die Auslastungszahlen zurückgegangen. So ist der so genannte Sitzladefaktor im Juli von 93 Prozent im Vorjahr auf 83 Prozent gesunken. Ryanair bekommt trotz eines Gewinnanstiegs um zwölf Prozent im jüngsten Quartal - im Geschäftsjahr 2001/2002 lag er noch bei 32 Prozent - seine Sitzplätze nicht ausreichend besetzt und leidet folglich unter sinkenden Renditen. Allein im ersten Quartal ist die Marge um 14 Prozent gesunken. "Das ist nicht ungewöhnlich", versucht Caroline Baldwin, Verkaufsmanagerin von Ryanair für Deutschland bei der Vorstellung der Quartalszahlen zu beruhigen. Das Geschäftsmodell der Iren habe dies durchaus mit einkalkuliert. Dass man sich mit der Einrichtung zwei neuer Drehkreuze, 50 neuer Strecken und dem Kauf der Gesellschaft Buzz übernommen habe, weist Baldwin zurück. "Wir haben viele Strecken auf einmal eingeführt", gesteht die Managerin. Und zum 30. Oktober kommt auf dem Hunsrückflughafen Hahn mit einem täglichen Flug ins italienische Treviso, 60 Kilometer von Venedig entfernt, eine weitere Verbindung zu den bestehenden 16 Strecken hinzu. Dafür wird das Ziel Bournemouth mit dem Winterflugplan eingestellt. Entscheidend für die Unternehmensstärke sind laut Baldwin dagegen die Stückkosten innereuropäischer Flüge. Und hier habe man mit der Anschaffung von 17 neuen Maschinen des Typs Boeing 737 im laufenden Geschäftsjahr die Voraussetzung für günstigeres Fliegen geschaffen. Abfertigungszeiten am Boden von 20 Minuten, ein Passagier-Angestellten-Verhältnis von eins zu 8500 und ein Buchungsanteil per Internet von 94 Prozent ermöglichten flexiblere Preisgestaltungen. Damit die irische Fluggesellschaft ihr Ziel von 24 Millionen Passagieren - 2,5 Millionen davon auf dem Hahn - bis Ende März 2004 erfüllt, verschärft Ryanair in diesem Jahr seinen aggressiven Preiskampf. Um bis zu 15 Prozent sollen alle Flugtarife sinken. Der durchschnittliche Flugpreis der Gesellschaft liegt derzeit bei 46 Euro. Eine Preiskampagne könnte die Gewinne allerdings weiter unter Druck setzen. Baldwin ist sicher: "Mit weiterem Wachstum und erhöhten Flugkapazitäten werden wir unser Ziel erreichen, 2006 in Europa die Nummer eins zu sein."

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