"Katastrophale Lage"

Wie geht es weiter mit dem Verband der Milcherzeuger (BDM), nachdem das Kartellamt den Milchstreik im Frühjahr als unzulässig bezeichnet hat (der TV berichtete)?

Trier. (wie) Nachdem die Wettbewerbshüter dem Verband der Milcherzeuger verboten haben, zu einem Milchboykott aufzurufen, stellt sich die Frage nach der Zukunft des BDM. Darüber sprach TV-Redakteur Bernd Wientjes mit BDM-Landes-Chef Oliver Grommes.

Glauben Sie, dass der BDM überhaupt noch einen Milchstreik organisiert bekommt? Welcher Bauer wird sich jetzt noch freiwillig vor ein Molkerei-Tor stellen?

Grommes: Die Entscheidung berührt in erster Linie nicht die einzelnen Milcherzeuger, sondern die Führungsetage des BDM. Die sich massiv zuspitzende finanzielle Lage der Milchviehbetriebe wird schnell deutlich werden lassen, wie wichtig der persönliche Einsatz für seine Interessen als Milcherzeuger ist.

Machen weitere Proteste noch Sinn, nachdem der Milchstreik ohne Wirkung verpufft ist?

Grommes: Das Engagement der Milcherzeuger im Frühjahr war höchst wirkungsvoll. Ansonsten wären die Milchpreise spätestens im Juni schon zusammengebrochen. Dass die Forderung nach mehr Marktwirtschaft in der Milcherzeugung trotz Ankündigung auf dem Milchgipfel nicht umgesetzt wird, ist auf die Haltung der Molkereien und des Bauernverbandes zurückzuführen.

Hat der BDM überhaupt eine Zukunft? Immer mehr Landwirte fühlen sich durch den Verband nicht mehr vertreten.

Grommes: Das stimmt nicht. Die nahe Zukunft wird offensichtlich machen, wie notwendig der BDM und wie katastrophal die durch den Bauernverband mitverursachte Lage für sie ist.

Sind höhere Preise überhaupt durchsetzbar? Verbraucher sind doch nicht bereit, mehr zu zahlen.

Grommes: Das Problem sind nicht die Verbraucher. Bei einem gegenwärtigen Anteil der Ausgaben für Milchprodukte von rund 1,2 Prozent an den Gesamtausgaben wird das überdeutlich. Ein zehn Cent höherer Milchpreis würde für jeden Verbraucher 2,80 Euro Mehrausgaben im Monat bedeuten. Es sind die Molkereien, die für immer billig Milch einkaufen wollen.

Macht es Ihnen eigentlich Angst, dass zunehmend auch die NPD die Proteste des BDM verbal unterstützt?

Grommes: Wir sind keine politische Vereinigung und lassen uns auch von keiner vereinnahmen. Wir können niemandem verbieten, sich verbal zu äußern, wissen aber um die Brisanz durch versuchte Nutzung unseres Potenzials durch gewisse Randgruppen.

Warum bezeichnen Sie die Entscheidung des Bundesrates, die Milchmenge nicht zu reduzieren, als katastrophal?

Grommes: Immer mehr politisch getroffene Entscheidungen, sind nicht mehr geprägt vom Willen des Volkes. Es ist katastrophal, wenn die Herrschaften der Politik Entscheidungen treffen, die geprägt sind von Halbwahrheiten und Neidargumenten. Zumal diese Beschlüsse regelrecht den Milchpreis weiter nach unten treiben. Das müssen die Milcherzeuger ausbaden, das ist nicht hinnehmbar. Daher fordern wir ein Rettungspaket von 500 Millionen Euro für sie.

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