Kein Rückfahrt-Ticket für die Chefs

Die Trierer Handwerkskammer will sich von Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks und dessen Stellvertreter Josef Adams trennen. Wirtschaftliche Gründe könnten den Ausschlag für den Kurswechsel gegeben haben.

Trier. Für Hans-Hermann Kocks dürfte es gestern dunkler und kälter gewesen sein, als der Herbsttag tatsächlich war. Denn dass die Handwerkskammer ein Anwaltsbüro beauftragt hat, die juristischen Möglichkeiten zur Auflösung seines Vertrags zu prüfen, erfuhr der 63-Jährige am Freitag durch den Trierischen Volksfreund. Dabei hatte der Kammer-Vorstand den Entschluss bereits am Montag gefasst. Die Entscheidung dem seit 1977 amtierenden Hauptgeschäftsführer der Kammer persönlich mitzuteilen - dafür fühlte sich allerdings offenbar niemand verantwortlich.
Verbindung unterbrochen



Mehr als unaufgeräumt klang Kocks denn auch am Telefon. Für den TV sei er nicht zu sprechen, teilte er mit, bevor er die Verbindung unterbrach. Sein Stellvertreter Josef Adams, der laut Kammer-Vorstand ebenfalls nicht an die HWK zurückkehren soll, war erst gar nicht telefonisch zu erreichen.

"Wir kommunizieren derzeit nur über Anwälte", erklärte Kammer-Präsident Rudi Müller. Er ließ damit tief blicken, wie zerrissen das Verhältnis zwischen ehrenamtlichem Vorstand und noch amtierender hauptamtlicher Geschäftsführung mittlerweile ist.

Seit im vergangenen Herbst eine ganze Reihe von Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Fördergeldern bekannt wurde, ermittelt die Staatsanwaltschaft im Umfeld der Kammer. Vor einigen Wochen eröffnete sie die Ermittlungsverfahren gegen Kocks und Adams. Ein Anfangsverdacht auf Subventionsbetrug liege vor, erklärten die für Wirtschaftskriminalität zuständigen Koblenzer Staatsanwälte. Anfang Oktober wurden Kocks und Adams vom HWK-Vorstand schließlich in den Urlaub geschickt - inklusive Kammer-Hausverbot (der TV berichtete).

Zwar wird es wohl noch etliche Monate dauern, bis Ermittlungsergebnisse vorliegen. Die Kammer-Karriere von Kocks und Adams ist allerdings schon jetzt zu Ende. "Wir können uns nicht vorstellen, dass der Hauptgeschäftsführer und sein Stellvertreter an die Kammer zurückkehren werden", erklärte HWK-Präsident Rudi Müller. "Wir wollen möglichst schnell einen neuen Interims-Hauptgeschäftsführer für die Kammer finden, wir können uns keine Hängepartie bis zum Abschluss der Ermittlungen leisten", beschreibt Müller die neue Weichenstellung.

Druck vom Mainzer Ministeriums oder der Handwerkskammer Koblenz - die dem Vernehmen nach an einer Fusion mit Trier interessiert ist - habe es nicht gegeben. Ob die Personalentscheidung Thema beim Treffen mit Wirtschaftsminister Hendrik Hering gewesen ist? "Dazu will ich mich nicht äußern, es war ein vertrauliches Gespräch", erklärt Müller.

Vor zwei Wochen hatte der Kammer-Präsident noch betont, man wolle weitere Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft abwarten, bevor mögliche personelle Entscheidungen zu treffen seien. Bis auf weiteres sollten die HWK-Geschäftsführer Günther Behr und Gerhard Müller die Kammer-Leitung kommissarisch übernehmen.

Ganz ohne Zwang von außen scheint der anders lautende Beschluss des Kammer-Vorstandes deshalb nicht gewesen zu sein. "Fördergeld-Geber haben uns mitgeteilt, dass sie die Unterschriften gewisser Personen nicht mehr akzeptieren werden - nicht nur im Bereich der Projektabrechnung, auch im Ausbildungsbereich", erklärte Behr am Freitag. Die Entscheidung, sich von Kocks und Adams loszusagen, könnte also aus rein wirtschaftlichen Gründen gefallen sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort